Es war einmal: Die Spanische Grippe die Mutter aller Pandemien

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Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am 27. Mai 1918, dass der spanische König Alfons XIII. erkrankt sei. „Eine merkwürdige Krankheit mit epidemischem Charakter ist in Madrid aufgetreten. Diese Epidemie verläuft harmlos, keine Todesfälle bisher gemeldet.“

Der Name Spanische Grippe entstand nachdem die ersten Nachrichten über die Pandemie aus Spanien kamen

Vollends „spanisch“ wurde die Grippe, als am 29. Juni 1918 der spanische Gesundheitsdirektor Martín Salazar verkündete, ihm lägen keine Berichte über eine vergleichbare Krankheit im übrigen Europa vor. Die internationale Presse gebrauchte ab Ende Juni 1918 zunehmend die Bezeichnung „Spanische Grippe“, was zudem von einigen kriegsführenden Regierungen gefördert wurde, um die tatsächliche Verbreitung zu vertuschen.

Die Spanische Grippe war eine Influenza-Pandemie, die durch einen ungewöhnlich virulenten Abkömmling des Influenzavirus A/H1N1 verursacht wurde und die sich zwischen 1918 gegen Ende des Ersten Weltkriegs und 1920 in drei Wellen verbreitete und laut WHO zwischen 20 Millionen und 50 Millionen Menschenleben forderte, Schätzungen reichen jedoch bis zu 100 Millionen Menschenleben.

In Spanien wurde die Krankheit zunächst Soldado de Nápoles genannt, weil sie sich ähnlich schnell verbreitete wie ein damals sehr populäres Lied dieses Namens, das kurz vor dem Ausbruch der Pandemie erstmals in einer Operette gesungen worden war.

Wegen des fulminanten Krankheitsverlaufs bezweifelten anfangs einige Forscher, dass es sich bei der Spanischen Grippe überhaupt um eine Form der Influenza handele. Unter anderem wurde als Auslöser der Pandemie eine Form der Lungenpest vermutet.

Wo sich die Spanische Grippe zuerst manifestierte ist nicht gesichert

Abgesehen von diversen Propagandathesen wurde zunächst der Herkunftsort in China vermutet. In Harbin war im Oktober 1910 eine Epidemie ausgebrochen, deren Symptome jenen der Spanischen Grippe ähnelten, wie schon 1918 auffiel.

Eine weitere Theorie besagt, dass die Epidemie ursprünglich in einem sehr großen Truppenlager bei der französischen Stadt Étaples ausbrach, in dem sich täglich gut 100 000 Menschen aufhielten, darunter Chinesen.

Eine dritte These besagt, dass es im Januar 1918 zu den ersten virulenten Grippeausbrüchen in den USA kam und sie von dort aus durch Truppenbewegungen weltweit verbreitet wurde.

Die wichtigsten spezifischen Symptome ähnelten jenen anderer Influenza-Erkrankungen

Trockener Husten, quälender Reiz- oder Krampfhusten, mitunter starke Reizungen im Hals- und Rachenbereich,  Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, Rücken- und Kreuzschmerzen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Antriebsschwäche, Unfähigkeit zur Konzentration, Lustlosigkeit, darauf folgend Fieber, über ein oder zwei Tage hinweg Temperaturanstieg auf über 40 °C, in schweren Fällen trat eine Lungenentzündung in Form einer Primärpneumonie durch die Grippeviren beziehungsweise in Form einer Sekundärpneumonie durch bakterielle Superinfektionen ein. Der Tod trat in der Regel am achten oder neunten Krankheitstag ein, Ursache war zumeist die bakterielle Sekundärinfektion.

Ausbreitung und Verlauf der Spanische Grippe

Die Spanische Grippe trat in drei Wellen auf, im Frühjahr 1918, im Herbst 1918 und in vielen Teilen der Welt noch einmal 1919. Erst die Herbstwelle 1918 und die spätere, dritte Welle im Frühjahr 1919 waren mit einer außergewöhnlich hohen Letalität verbunden.

Grob verallgemeinernd war die Grippesterblichkeit in hoch industrialisierten Ländern am niedrigsten und lag bei etwa 0,5 Prozent, in den USA als bei mehr als 0,6 Prozent und in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern in Europas oder außerhalb lag die Sterblichkeit meist über ein Prozent, beispielsweise in Mexiko bei über drei Prozent. In Italien gab es Regionen mit extrem hohen Mortalitätsraten. Genaue Zahlen der an der Grippe Verstorbenen lässt sich nicht mehr ermitteln da auch entlegene Regionen davon betroffen waren und in Ländern wie etwa Russland die Zahl nicht zuverlässig erfasst wurden.

Die erste Welle

Die Meldung einer Grippeform mit ungewöhnlich heftigem Verlauf fand am 5. April 1918 Niederschlag, „Am 30. März wurde aus Haskell, Kansas, das Vorkommen von 18 Influenzafällen schweren Typs berichtet, von denen 3 Tote die Folge waren“. Drei Wochen später waren in Ausbildungslagern der US-Armee, in dem sich durchschnittlich 56.000 Rekruten befanden, 1.100 Schwerkranke und 38 Todesfälle zu beklagen. Die Soldaten bezeichneten die Erkrankung als “three-day fever” oder “knock-me-down fever“.

Die zweite Welle „Herbstwelle“

Der Beginn der zweiten Welle lässt sich in etwa auf die zweite Augusthälfte des Jahres 1918 datieren. Da die Krankheit nach übereinstimmenden Berichten rund um den Atlantik jeweils bei Schiffsankünften ausbrach, gewann man den Eindruck, dass sich die neue Welle der Grippe auf dem Meer zusammengebraut habe.

Die Bedingungen, unter denen die Erkrankten gepflegt wurden, können als typisch für zahllose andere Lazarette und Krankenhäuser weltweit gelten, in denen die Spanische Grippe wütete. Es fehlte an Pflegepersonal. Man nutzte jeden verfügbaren Raum, um Krankenbetten aufzustellen. Frisches Bettzeug war Mangelware, sodass die Kranken in schmutzigen und blutbefleckten Laken lagen.

Um die Krankheit einzudämmen, versuchten leitende Militärärzte zu erreichen, dass nur die notwendigsten Schiffsbewegungen zugelassen wurden, vor dem Ablegen aus dem Hafen sollten die Schiffe eine Quarantäne durchlaufen, um zu verhindern, dass Kranke an Bord waren. Trotz der eingeleiteten Quarantänemaßnahmen breitete sich die Krankheit sehr schnell aus.

Die Behörden setzten auf Einschränkungen des öffentlichen Lebens und Quarantäne, so wurden Schulen, Kinos, Bibliotheken und Kirchen geschlossen in Kombinationen von öffentlichen Maßnahmen (nonpharmaceutical interventions, NPI), insbesondere Schulschließungen und Verbot öffentlicher Versammlungen wie in der Kirche und dem Theater.

Vielfach war auch das Tragen von Gesichtsmasken vorgeschrieben. Die Zuwiderhandlung wurde zum Beispiel mit Geldstrafen geahndet.

Die dritte Welle

Im Februar 1919 trat zunächst in Großbritannien, ab Mai 1919 auch in anderen Ländern eine weitere Grippewelle auf, die vor allem im Frühjahr 1920 die USA traf, die aber in ihrem Verlauf nicht mehr so tödlich war wie die zweite. Da vor allem jüngere Menschen starben wurde sie der Spanischen Grippe zugerechnet.

Gegenmaßnahmen

Bereits sehr frühzeitig waren in einigen Ländern von den Gesundheitsbehörden Quarantänemaßnahmen eingeleitet worden. Dazu gehörte die Empfehlung, Menschenansammlungen zu meiden, Mund, Haut und Kleider immer reinlich zu halten, Hände sollten vor dem Essen gewaschen und das Essen gut gekaut werden. In New York stellte man das Spucken auf der Straße unter Strafe. Etwa 500 Personen wurden verhaftet, weil sie dagegen verstießen. Andere Städte ordneten das Tragen von Mundschutz an und drohten mit Geldstrafen denen, die dagegen verstießen.

Therapie

Da wirkungsvolle spezifische Heilmittel und Impfstoffe nicht zur Verfügung standen, konzentrierten sich die Ärzte auf die Linderung der Symptome. Fiebermittel erlebten 1918/19 eine erstaunliche Renaissance, nicht nur das altvertraute Chinin, sondern auch die Pharmaspezialitäten Antipyrin, Salipyrin, Antifebrin und Phenacetin, in schweren Fällen griffen die Ärzte des Jahres 1918 zu Substanzen wie Opium, Morphium, Heroin oder Kokain.

Prominente Todesopfer

Unter den prominenten Todesopfern der Spanischen Grippe waren unter anderem Frederick Trump, der Großvater von Donald Trump, sowie Mehmed V., Sultan und damit Staatsoberhaupt des Osmanischen Reiches

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