Das Drama der spanischen Tomate: Exporteinbruch trifft auf Marokkos Importboom

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Das Drama der spanischen Tomate: Exporteinbruch trifft auf Marokkos Importboom
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Die spanische Tomatenproduktion steht am Scheideweg. Ein drastischer Rückgang der Exporte und ein explosionsartiger Anstieg der Importe aus Marokko bedrohen die Existenz eines traditionsreichen und wichtigen Sektors. Vertreter der spanischen Agrarbranche haben in Brüssel Alarm geschlagen und fordern von der Europäischen Union (EU) schnelle und entschlossene Maßnahmen.

Historischer Rückgang: Spaniens Tomatenproduktion unter Druck

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In den letzten zehn Jahren ist die nationale Tomatenproduktion für den Frischverzehr in Spanien um erschreckende 31 % gesunken. Von über 2,3 Millionen Tonnen im Jahr 2014 fiel die Menge auf weniger als 1,65 Millionen Tonnen im Jahr 2024. Dieser Rückgang wirkt sich direkt auf die spanischen Exporte aus, die – mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs – um 25 % in die EU zurückgegangen sind.

Marokkos Aufstieg: Importe explodieren um 269 %

Parallel zum spanischen Niedergang erleben die Tomatenimporte aus Marokko einen beispiellosen Boom. Im gleichen Zeitraum schossen die Einfuhren aus dem nordafrikanischen Land um unglaubliche 269 % in die Höhe, von nur 18.000 Tonnen auf über 66.000 Tonnen. Diese Entwicklung führt zu einem massiven Wettbewerbsdruck auf die spanischen Tomatenbauern.

FEPEX fordert Reform des EU-Marokko-Abkommens

Die FEPEX, die Integrated Association (COEXPHAL) und die European Fruit and Vegetable Association (EUCOFEL) machen die mangelhafte Umsetzung des im Jahr 2012 unterzeichneten Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Marokko für die aktuelle Krise verantwortlich. Insbesondere das Einfuhrpreissystem, das eigentlich die landwirtschaftliche Produktion in der EU schützen sollte, habe versagt.

Die Organisationen fordern daher eine dringende Reform. Ihre Vorschläge umfassen:

  • Die Einführung differenzierter Zölle je nach Art der importierten Tomate.
  • Die Festlegung von Einfuhrschwellen, die die tatsächlichen Produktionskosten widerspiegeln.
  • Die Aktivierung der Schutzklausel, wenn Importe aus Drittländern den lokalen Erzeugern schweren Schaden zufügen.

Westsahara-Gewächshäuser: Eine neue Bedrohung?

Ein weiteres brisantes Thema, das in Brüssel zur Sprache kam, ist der Ausbau von Gewächshausfarmen in der Westsahara. Von dort aus werden verstärkt Tomatenexporte nach Europa gefördert, was die spanische Produktion, insbesondere aus Almería, und die französische Produktion vom EU-Markt zu verdrängen droht.

In diesem Zusammenhang drängen die Agrarvertreter auf die strikte Anwendung zweier jüngster Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Oktober 2024:

  1. Rechtssachen C-779/21 P und C-799/21 P: Landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Westsahara dürfen nicht von den Zollpräferenzen des Abkommens zwischen der EU und Marokko profitieren.
  2. Rechtssache C-399/22: Es muss eine klare Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts der in diesem Gebiet hergestellten Lebensmittel erfolgen.

Die vollständige und wirksame Umsetzung dieser Urteile sei entscheidend, um den von FEPEX als unfair empfundenen Wettbewerb einzudämmen und den Fortbestand dieses strategisch wichtigen Sektors für die spanische Landwirtschaft zu gewährleisten.


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