
Am Dienstagmorgen wurden etwa 180 Obdachlose, die üblicherweise im Flughafen El Prat übernachteten, in einer konzertierten Aktion von der Polizei (Mossos d’Esquadra), Sicherheitskräften und Sozialarbeitern der Gemeinden El Prat und Barcelona vertrieben. Die Betroffenen erhielten dabei keine alternative Unterkunft angeboten. Ironischerweise fiel die Räumung zeitlich mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Parlament zusammen, der dringende Maßnahmen zur „Ausrottung“ der Obdachlosigkeit vorsieht. Dieser wurde von PSC, Junts, ERC, PP, Comuns und CUP gemeinsam eingebracht.
Die Aktion erfolgte auf Betreiben des Flughafenbetreibers Aena wenige Tage vor Beginn des Mobile World Congress in Barcelona, der in diesem Jahr über 101.000 Besucher erwartet. Aena-Präsident Maurici Lucena bestritt jedoch einen Zusammenhang zwischen der Räumung und dem Kongress. Bei der Präsentation der Jahresergebnisse 2024 betonte er, Flughäfen seien keine geeigneten Übernachtungsplätze.
Die Stadt El Prat stellte einen Sozialarbeiter zur Begleitung der Aktion ab, der mit der Situation der Obdachlosen am Flughafen vertraut ist. Die Zahl der Betroffenen wird auf 100 bis 200 geschätzt. Der Sozialarbeiter sollte die von Aena und den Mossos eingesetzten Kräfte bei ihrem Einsatz unterstützen.
Die Stadt Barcelona begründete die Maßnahme mit hygienischen Problemen am Flughafen. Ein Sprecher bestätigte die Anwesenheit eines Teams des Sozialen Notfall- und Notfallzentrums Barcelona (CUESB) im Rahmen einer Vereinbarung mit der Metropolregion. Das Team solle die Dienste des Gesundheitsministeriums und der Gemeinde El Prat unterstützen, falls Betroffene aus medizinischen Gründen überwiesen werden müssten.
Soziale Organisationen und Gewerkschaften übten scharfe Kritik an der Aktion. Die Taula des Dritten Sozialen Sektors und ECAS kritisierten das Fehlen alternativer Übernachtungsmöglichkeiten und die damit verbundene „Aussetzung“ der Betroffenen. Sie bezeichneten die Normalisierung der Situation als „inakzeptabel“ und forderten die Behörden zum Handeln auf, um die Menschenrechte zu gewährleisten. Sie bemängelten zudem die unzureichende Umsetzung des 2022 verabschiedeten Aktionsplans zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit, der der zunehmenden und chronischen Obdachlosigkeit nicht gerecht werde. Begrüßt wurde hingegen die Wiedereinbringung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung und Beseitigung der Obdachlosigkeit, dessen dringende Verabschiedung gefordert wurde.
Auch die Gewerkschaft CCOO verlangte alternative Unterkünfte und eine menschenwürdige Betreuung für die vertriebenen Obdachlosen. Sie prangerte an, dass die Mehrheit weder soziale noch medizinische Hilfe oder alternative Unterkünfte erhalten habe. Die Aktion sei ein „Straf- und Kosmetikinstrument“ im Hinblick auf den MWC. Die Verbesserung der Sicherheit der Flughafenbeschäftigten dürfe nicht als Vorwand dienen, eine extrem gefährdete Bevölkerungsgruppe zu stigmatisieren. Aena habe zudem nicht mit den Sozialpartnern über sicherheits- und gesundheitsrelevante Fragen verhandelt.
Der Polizeieinsatz erfolgte vor dem Hintergrund monatelanger Beschwerden von Flughafenbeschäftigten über zunehmende Unsicherheit, Raubüberfälle, Beleidigungen, Drohungen, Aggressionen und sexuelle Übergriffe. Mitte Oktober demonstrierten sie gemeinsam mit der CCOO im Terminal 1. Sie berichteten, Opfer organisierter Diebesbanden und einiger Obdachloser zu sein, die am Flughafen leben. Toiletten und Parkplätze seien zu gefährlichen Orten geworden. Die Beschäftigten hätten Angst, zur Arbeit zu gehen, und forderten die Wiedereinsetzung des Sozialinterventionsdienstes.
Der von PSC, Junts, ERC, PP, Comuns und CUP eingebrachte Gesetzentwurf sieht die Registrierung von Obdachlosen in ihrer Wohngemeinde und die Beantragung von Wohn- und Betreuungsplätzen vor Ort vor. Ziel ist die Bereitstellung von Unterkünften, auch in Form von Pensionen oder Notunterkünften, sowie die Planung von Ressourcen wie Wohnheimen und Eingliederungseinrichtungen. Der Entwurf sieht zudem die Aufhebung von Bußgeldern wegen Obdachlosigkeit vor, sofern die kommunalen Verordnungen nicht angepasst werden. Soziale Einrichtungen schätzen, dass das Gesetz in den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten etwa 18.000 Menschen zugutekommen wird. Hauptziel ist die Beseitigung der meisten Fälle chronischer Obdachlosigkeit innerhalb von zwei Jahren.
Beatriz Fernández, Direktorin der Arrels-Stiftung, kritisierte, erst durch die Medien von der Aktion am Flughafen erfahren zu haben. Sie erinnerte an eine frühere Vereinbarung zwischen der Generalitat, Barcelona und El Prat zur Betreuung obdachloser Menschen. Die Auflösung dieser Vereinbarung sei zwar nachvollziehbar, die Reaktion auf die Situation jedoch völlig unverhältnismäßig. Die Vertreibung der Menschen ohne alternative Unterkunft sei inakzeptabel.
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