Die ehemalige balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol, seit 2023 spanische Parlamentspräsidentin, rückt erneut ins Zentrum des Korruptionsskandals um die Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Sozialisten. Es besteht der dringende Verdacht, dass sie bei einer Anhörung im spanischen Senat die Unwahrheit gesagt hat. Diese Enthüllungen werfen ein kritisches Licht auf ihre Rolle und mögliche Verstrickungen in den weitreichenden Fall.
Der Maskenskandal und die Rolle von Koldo García
Seit geraumer Zeit ermitteln Justiz und Polizei intensiv im Fall eines mutmaßlichen Korruptionsskandals, der verschiedene sozialistische Politiker betrifft. Im Zentrum dieser Ermittlungen steht Koldo García, ein ehemaliger Berater des früheren spanischen Transportministers José Luis Ábalos. García wird vorgeworfen, gegen hohe Kommissionen öffentliche Aufträge vermittelt zu haben.
Auf den Balearen wurde über dieses Korruptionsnetzwerk beispielsweise der Verkauf von Atemschutzmasken zu Beginn der Pandemie abgewickelt. Die damalige Landesregierung zahlte hierfür insgesamt 3,7 Millionen Euro, finanziert mit EU-Geldern. Später stellte sich heraus, dass die gelieferten Masken gefälscht waren. Viele dieser fragwürdigen Geschäfte wurden in Zusammenarbeit mit dem schillernden Geschäftsmann Víctor de Aldama getätigt. Aldama, gegen den in mehreren Korruptionsfällen ermittelt wird, arbeitete offenbar jahrelang eng mit den Sozialisten zusammen. In den letzten Monaten hat er sich jedoch dadurch profiliert, die Partei öffentlich zu belasten, was ihm überraschend große Sympathien bei Parteien und Akteuren des rechten Spektrums eingebracht hat.
Brisantes Interview und Armengols widersprüchliche Aussagen
Am vergangenen Donnerstag (13. Juni) trat Víctor de Aldama in der Sendung “Horizonte” des bekannten konservativen Moderators Iker Jiménez auf. Dort enthüllte er, sich während Armengols Amtszeit als Ministerpräsidentin im Consolat de Mar, dem balearischen Regierungssitz in Palma, mit ihr getroffen zu haben. Aldama weigerte sich im Interview zwar, den genauen Inhalt des Treffens preiszugeben, betonte jedoch nachdrücklich, dass es nicht um den Ankauf von Masken gegangen sei.
Diese Aussage stellt ein erhebliches Problem für Francina Armengol dar. Erst im vergangenen Jahr hatte sie bei einer Anhörung einer Kommission im spanischen Senat, die sich mit der Aufarbeitung des Maskenskandals befasste, entschieden verneint, Víctor de Aldama zu kennen. Nachdem die Aussagen des Unternehmers bekannt wurden, konnte sich Armengol am Freitag plötzlich doch an das Treffen erinnern. Laut Armengol war Aldama Teil einer Gruppe von Vertretern des mallorquinischen Tourismuskonzerns Globalia. Bei dem Treffen sei es demnach um den letztlich gescheiterten Verkauf der Fluggesellschaft Air Europa an Iberia gegangen.
Bereits vor diesem Vorfall war bekannt geworden, dass die damalige Ministerpräsidentin der Balearen Textnachrichten mit Aldama ausgetauscht hatte. In diesen Nachrichten fragte sie ihn unter anderem, ob er Kontakte habe, die Atemschutzmasken für Kinder besorgen könnten. Der Unternehmer bat Armengol daraufhin um ein paar Stunden Zeit, um dies zu arrangieren.
Drohende juristische Konsequenzen
Das Eingeständnis Armengols, Aldama doch getroffen zu haben, könnte nun ernsthafte juristische Konsequenzen nach sich ziehen. Bereits am Samstag erstattete die rechtsextreme Plattform Hazte Oír Anzeige vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens gegen die Parlamentspräsidentin. Die Anwälte der Organisation sehen es in der Anklageschrift als erwiesen an, dass die Politikerin vor der Senatskommission gelogen hat. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, könnte dies nicht nur Armengols politische Karriere, sondern auch das Vertrauen in die Integrität hoher politischer Ämter in Spanien schwer erschüttern.
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