Eine Untersuchung beleuchtet das Ausmaß, in dem die Vorstellung, dass einfache Menschen im Konflikt mit den wissenschaftlichen und akademischen Eliten stehen, Spanien durchdrungen hat. Obwohl die Mehrheit der Befragten den Wissenschaftlern vertraut, werfen sie ihnen vor, nicht auf andere Meinungen zu hören, so der Bericht “Vertrauen in die Wissenschaft und Wissenschaftspopulismus in Spanien”.
In einer Zeit, in der Informationen im Überfluss vorhanden sind und nahezu kostenlos zugänglich sind, ist das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse zu einer Grundpfeiler unserer Gesellschaften geworden. In Spanien ist dieses Vertrauen jedoch nicht uneingeschränkt.
Laut dem Bericht “Vertrauen in die Wissenschaft und wissenschaftlicher Populismus in Spanien“, erstellt von der spanischen Stiftung für Wissenschaft und Technologie (FECYT), misstrauen drei von zehn Bürgern Impfstoffen. Diese Daten spiegeln einen breiteren Trend wider: das Vorhandensein populistischer Einstellungen, die, obwohl in der Minderheit, die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft in Frage stellen.
Der in der Studie beschriebene Wissenschaftspopulismus basiert auf dem Gegensatz zwischen “einfachen Leuten” und einer vermeintlichen “akademischen Elite”, die in ihrem eigenen Interesse handelt. Diese Wahrnehmung ist zwar nicht vorherrschend, hat aber in den letzten Jahren an Sichtbarkeit gewonnen, insbesondere im Zuge der Pandemie und der Zunahme der Debatten über die öffentliche Gesundheit. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 3,6 % der befragten Bevölkerung den höchsten Grad an Wissenschaftspopulismus aufweisen, während 71,4 % in der unteren Hälfte der Skala liegen.
Bemerkenswert an der Studie ist, dass das Ausmaß des Wissenschaftspopulismus nicht signifikant nach Geschlecht, Alter oder städtischem oder ländlichem Umfeld variiert. Es zeigt sich jedoch ein Zusammenhang zwischen diesem Phänomen und dem Grad der Religiosität der Befragten: Je größer die Religiosität, desto größer die Tendenz, der Wissenschaft zu misstrauen. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Bildung für den Aufbau einer Gesellschaft, die evidenzbasiertes Wissen schätzt.
Trotz dieser Skepsis vertraut die Mehrheit der Spanier weiterhin der Wissenschaft. Acht von zehn Bürgerinnen und Bürgern sind der Meinung, dass staatliche Entscheidungen im Bereich der Wissenschaft maßgeblich von Experten geleitet werden sollten.
Ebenso glauben 70 % der Bevölkerung, dass Wissenschaftler die beste Referenz sind, um Entscheidungen über ihren eigenen Lebensstil zu treffen. Eine wiederkehrende Kritik besteht jedoch in der Wahrnehmung, dass Wissenschaftler den Meinungen der Öffentlichkeit nicht genügend Aufmerksamkeit schenken.
Den Ergebnissen der Studie zufolge glauben nur 15,6 % der Befragten, dass Wissenschaftler offen für Feedback sind, und nur 14,7 % glauben, dass sie anderen Perspektiven wirklich zuhören. Diese Daten offenbaren ein Kommunikationsproblem: Obwohl die Wissenschaft geschätzt wird, fühlen sich viele Menschen in der wissenschaftlichen Debatte nicht gehört.
Diese Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Gesellschaft stellt eine Herausforderung dar, die die Forschenden selbst erkennen. Die Lösung liegt nach Ansicht von Experten in mehr Transparenz und einer zugänglicheren und partizipativeren Kommunikation, die es der Gesellschaft ermöglicht, sich in den wissenschaftlichen Prozess einbezogen zu fühlen.
Die FECYT-Studie ist kein Einzelfall. Sie ist Teil des internationalen TISP-Projekts (Trust in Science and Science-Related Populism), eines Konsortiums, das Wissenschaftspopulismus in 68 Ländern analysiert. Vergleicht man die spanischen Ergebnisse mit denen anderer Länder, zeigt sich, dass Spanien einem ähnlichen Trend folgt wie viele europäische Länder, wo das Vertrauen in die Wissenschaft in der Mehrheit ist, aber mit einer Minderheit koexistiert, die sie aktiv in Frage stellt.
In Deutschland und Frankreich wurde beispielsweise ein mit Spanien vergleichbares Ausmaß an Wissenschaftspopulismus festgestellt, mit einem stärkeren Schwerpunkt auf dem Misstrauen gegenüber der Pharmaindustrie und dem Klimawandel. Im Gegensatz dazu ist in Ländern wie den Vereinigten Staaten oder Brasilien, in denen der Populismus die öffentliche Debatte stärker beeinflusst hat, die Polarisierung in der Wissenschaft ausgeprägter.
Einer der zentralen Aspekte dieser globalen Studie ist die Auswirkung von Desinformation in sozialen Netzwerken. In vielen Ländern haben die Netzwerke Diskurse verstärkt, die die Wissenschaft in Frage stellen und die öffentliche Wahrnehmung von Themen wie Impfstoffen oder Klimawandel beeinflussen. Spanien ist dieses Phänomen nicht fremd, da digitale Plattformen einer der wichtigsten Kanäle für den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen sind, insbesondere für junge Menschen.
Die daraus resultierende Herausforderung ist klar: Wie kann das Vertrauen in die Wissenschaft gestärkt werden, ohne in dogmatische Zumutungen zu verfallen? Für Experten liegt der Schlüssel darin, einen offeneren und wechselseitigeren Dialog zwischen Wissenschaftlern und Bürgern zu fördern, in dem die Wissenschaft nicht nur informiert, sondern auch zuhört und auf die Anliegen der Gesellschaft eingeht.
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