Spanien steht vor einer stillen Krise, die eine ganze Generation betrifft. Junge Menschen verlassen das Elternhaus im europäischen Vergleich extrem spät, durchschnittlich erst mit 30,4 Jahren. Damit belegt das Land den vierten Platz in der Europäischen Union. Der Grund ist eine toxische Mischung aus stagnierenden Löhnen und explodierenden Wohnkosten, die seit dem Platzen der Immobilienblase 2014 unaufhaltsam scheint. Für viele junge Spanier wird der Start in ein eigenständiges Leben zu einer unüberwindbaren Hürde.
Die harte Realität: Niedrige Löhne treffen auf explodierende Wohnkosten
Eine aktuelle Studie, das IV. Cofidis-Observatoriums für nachhaltige Wirtschaft, zeichnet ein düsteres Bild: Schockierende 45 Prozent der jungen Menschen bis 31 Jahre leben noch bei ihren Eltern. Doch selbst der Auszug ist keine Garantie für finanzielle Unabhängigkeit. Fast vier von zehn jungen Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, sind weiterhin auf finanzielle Unterstützung, meist von der eigenen Familie, angewiesen, um ihre alltäglichen Ausgaben zu decken.
Die finanzielle Pufferzone ist dabei hauchdünn. Fast 20 Prozent der alleinlebenden jungen Erwachsenen können am Ende des Monats keinen einzigen Euro zurücklegen. Von denen, die sparen können, legen 33 Prozent weniger als 10 Prozent ihres Einkommens zur Seite. Diese mangelnde Sparfähigkeit führt zu einer extremen wirtschaftlichen Verwundbarkeit. Laut Bericht wäre es für drei von zehn emanzipierten Jugendlichen unmöglich, eine unvorhergesehene Ausgabe von 5.000 Euro zu stemmen. Eine Summe von 10.000 Euro wäre sogar für über 42 Prozent unerreichbar.
Ein Teufelskreis: Geringe Einkommen und der unerschwingliche Immobilienmarkt
Die Zahlen des Nationalen Statistikinstituts (INE) bestätigen die prekäre Einkommenssituation. Das Durchschnittsgehalt eines 25- bis 29-Jährigen liegt bei gerade einmal 21.039 Euro brutto pro Jahr. Bei den unter 24-Jährigen sinkt es sogar auf 15.364 Euro. Selbst in der Altersgruppe der 30- bis 34-Jährigen steigt das Einkommen nur auf durchschnittlich 25.222 Euro.
Diese Gehälter stehen in krassem Gegensatz zur Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Seit 2015 sind die Kaufpreise für Wohnungen laut Statistik um atemberaubende 77,2 % gestiegen. Die Unfähigkeit, Ersparnisse für eine Anzahlung aufzubauen, zwingt die meisten jungen Menschen auf den Mietmarkt. Doch auch hier erwartet sie eine Odyssee. Das Immobilienportal Idealista berichtet, dass die Mieten allein im letzten Jahr um über 14 % in die Höhe geschossen sind. “Die wirtschaftliche Unsicherheit prägt weiterhin die Lebensentscheidungen der spanischen Jugend und schränkt ihre mittel- und langfristigen Planungsmöglichkeiten ein”, so das alarmierende Fazit des Cofidis-Berichts.
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