Spaniens Sommerpause beginnt mit neuem Korruptionsbeben: Ex-Finanzminister Montoro im Visier der Justiz

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Korruption Spanien

Gerade als sich Spanien auf die wohlverdiente Sommerpause vorbereitet, erschüttert ein neuer Korruptionsskandal das Land. Im Zentrum der aktuellen Nachrichten steht diesmal nicht die regierende Sozialistische Partei (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez, sondern die konservative Volkspartei (PP) und ihr früherer Finanzminister Cristóbal Montoro. Der 74-jährige Andalusier, eine Schlüsselfigur in der spanischen Politik, war zweimal für die Finanzen des Landes verantwortlich: von 2000 bis 2004 unter José María Aznar und erneut von 2011 bis 2018 unter Mariano Rajoy. Dazwischen agierte Montoro als Europaabgeordneter der PP.

Ein zentraler Punkt der Ermittlungen ist Montoros Beratungsfirma Equipo Económico, die er 2006 gründete und die sich schnell in Wirtschaftskreisen einen Namen machte. Obwohl Montoro die Firma 2008 offiziell vor seiner Rückkehr ins Ministerium verließ, deutet ein Untersuchungsbericht eines Richters aus Tarragona darauf hin, dass dieser Austritt nur zum Schein erfolgte.

Schwere Vorwürfe gegen Montoro und weitere 27 Personen

Die Ermittlungen richten sich gegen Montoro und 27 weitere Personen, darunter seinen ehemaligen Staatssekretär. Die Liste der Vorwürfe ist lang und gravierend: Bestechung, Veruntreuung, Betrug gegen den Staat, Korruption und Dokumentfälschung. Es wird angenommen, dass Equipo Económico über Jahre hinweg von Unternehmen bezahlt wurde, um im Gegenzug von Montoro steuerliche und regulatorische Vergünstigungen zu erhalten.

Die Antikorruptionsstaatsanwältin Carmen García Cerdá schrieb in ihrem Bericht, dass Equipo Económico von seinen Partnern und offenbar auch von anderen Personen ausgenutzt wurde, die „auf versteckte Weise von den illegalen Einnahmen der Gesellschaft profitierten, darunter Cristóbal Montoro.“ Die Ermittlungen nahmen ihren Ursprung in Katalonien, als der katalanischen Polizei (Mossos d’Esquadra) verdächtige E-Mails von Managern der Gasindustrie in die Hände fielen. Diese Korrespondenz zwischen zwei Vorständen der Firma Masser Ibérica de Gases drehte sich darum, wie sie der Regierung eine erhoffte Steuersenkung für die Gasbranche abringen könnten.

Von Gasgeschäften bis zum Glücksspiel: Das Schema der Vorteilsnahme

Die Gasindustrie war mit ihrem Anliegen zunächst gescheitert. Doch dann zahlte der Branchenverband AFGIM im März 2014 stolze 270.000 Euro an Equipo Económico für einen zwölfseitigen Bericht. Dieser Bericht enthielt größtenteils Informationen, die der Verband selbst beigesteuert hatte. Die Investition sollte sich lohnen: Die Regierung beschloss eine Steuererleichterung, die den Unternehmen nach Berechnungen der Ermittler 4,7 Millionen Euro einsparte.

Dieses Muster setzte sich fort. Nicht nur Branchenverbände, sondern auch Einzelunternehmen bezahlten Montoros ehemalige Kollegen. Auch andere Sektoren, wie der Glücksspielbereich, profitierten. Der Wettanbieter Codere soll ebenso von den hochrangigen Kontakten von Equipo Económico profitiert haben wie der Bauriese Ferrovial und führende Stromversorger. Diese Steuererleichterungen für die Großkonzerne gingen natürlich zulasten des spanischen Staatshaushaltes.

Besonders brisant ist zudem der Vorwurf, Montoro habe seine Position ausgenutzt, um vertrauliche Informationen über prominente Steuerzahler vom Finanzamt anzufordern, darunter sogar Mallorcas Tennis-Champion Rafael Nadal. Auch die Steuerprobleme von Parteifreunden wie dem ehemaligen Wirtschaftsminister Rodrigo Rato und Esperanza Aguirre, langjährige Ministerpräsidentin von Madrid, sollen Montoros Interesse geweckt haben.

Partei reagiert auf Druck: Montoro tritt aus der PP aus

Cristóbal Montoro hatte Gerüchte über Unregelmäßigkeiten in seinem Umfeld stets entschieden zurückgewiesen. Doch nachdem er nun offiziell unter Verdacht steht, trat er am 17. Juli aus der PP aus. Dies geschah, kurz nachdem die Partei ein Verfahren gegen ihren einstigen Spitzenpolitiker eingeleitet hatte. Obwohl die Konservativen zunächst betonten, die Vorwürfe lägen in der Vergangenheit und hätten nichts mit der heutigen Führung zu tun, waren Montoro und einige seiner Mitstreiter bis zuletzt Berater von PP-Chef Alberto Núñez Feijóo.

Die PP unterstrich ihre schnelle Reaktion im Gegensatz zur PSOE, die lange zögerte, bevor sie ihren früheren Bauminister und Parteigeschäftsführer José Luis Ábalos ausschloss. Dies geschah erst, als dessen Nachfolger in der Partei, Santos Cerdán, ebenfalls in die Affäre um Schmiergeldzahlungen für öffentliche Bauaufträge verwickelt wurde.

Politische Ablenkung und eine „Bombe“ aus der Unterwelt

Für die PSOE bietet der Fall Montoro ein willkommenes Geschenk, um von den eigenen Skandalen und der anhaltenden Schmiergeldaffäre abzulenken. Doch damit nicht genug: Marcial Dorado, ein Drogenboss, der 15 Jahre Haft abgesessen hat, meldete sich dieser Tage in einem Interview mit „elconfidencial“ zu Wort. Er sprach über seine bekannte Freundschaft mit Núñez Feijóo aus früheren gemeinsamen Zeiten in Galicien – eine Beziehung, die von den Linken bereits oft als Waffe gegen den Oppositionsführer eingesetzt wurde. Dorado behauptete zudem, die PSOE habe ihm angeblich Geld angeboten, um vor den letzten Wahlen „eine Bombe“ gegen Núñez Feijóo zu liefern. Ob es diese „Bombe“ gibt, bleibt vorerst Dorados Geheimnis.


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