Spaniens Regierung vor Haushaltskrise: Einigung mit Podemos ausgeschlossen, Neuwahlen aber vom Tisch

227
Die Spanische Regierung einigt sich mit den Gewerkschaften darauf den Mindestlohn um 8 % auf 1.080 Euro pro Monat anzuheben

Der Beginn des neuen politischen Jahres stellt die Regierung von Pedro Sánchez vor eine fast unlösbare Aufgabe. Einerseits zwingt die Verfassung zur Vorlage des Staatshaushalts bis Ende September, andererseits ist bereits jetzt klar: Der Haushaltsplan für 2026 wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern. In Moncloa, dem Sitz des Premierministers, gibt man offen zu, dass ein Bruch mit dem Koalitionspartner Podemos unvermeidlich scheint und ohne dessen Stimmen die notwendige Mehrheit fehlt. Dennoch wird das Szenario vorgezogener Neuwahlen vehement ausgeschlossen.

Der Unüberwindbare Graben zu Podemos

Das größte Hindernis für eine Verabschiedung des Haushalts ist Podemos. Die Regierung betrachtet ernsthafte Verhandlungen als beendet, solange die Partei ihre als “inakzeptabel” eingestuften Bedingungen nicht aufgibt. Diese umfassen einen kompletten Stopp weiterer Militärausgaben, den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel und eine gesetzlich verankerte Senkung der Mieten um 40 Prozent. “Es ist unmöglich, diese Forderungen zu erfüllen”, heißt es aus Regierungskreisen.

Podemos hingegen zeichnet ein völlig anderes Bild. Parteichefin Ione Belarra wirft Sánchez vor, ein Manöver wie 2019 zu wiederholen: einen Haushalt zu präsentieren, von dem er wisse, dass er durchfallen wird, um anschließend den Partnern die Schuld zuzuweisen und den Weg für Neuwahlen zu ebnen. “Nach zwei Jahren ohne neuen Haushalt ist es nicht glaubwürdig, dass sie ihn jetzt verabschieden wollen”, betonte Belarra. Formelle Treffen zwischen den beiden Parteien hat es seit Juni nicht mehr gegeben, und Podemos agiert längst als eigenständige Kraft im Parlament.

Die Katalanische Front: ERC und Junts erhöhen den Druck

Ohne die Stimmen von Podemos versucht die Regierung, ihre anderen Partner zu mobilisieren – weniger, um den Haushalt zu retten, als vielmehr, um Podemos politisch zu isolieren. Doch auch die katalanischen Parteien ERC und Junts nutzen die Gunst der Stunde, um ihre eigenen Forderungen zu verschärfen.

Oriol Junqueras von der ERC besteht darauf, dass der im Februar vereinbarte Teilerlass der katalanischen Schulden noch vor Jahresende vom Kongress gebilligt wird. Zusätzlich fordert er ein eigenes Finanzierungsmodell für Katalonien, ähnlich dem des Baskenlandes. Junts, die Partei von Carles Puigdemont, knüpft ihre Unterstützung an drei Kernpunkte: die Anerkennung der katalanischen Sprache in der EU, die Übertragung von Kompetenzen in der Einwanderungspolitik und die vollständige Umsetzung der Amnestie. Die Beziehungen zu Junts sind besonders angespannt, da die Partei bereits die Unterstützung für zwei Justizgesetze verweigert hat und sogar einen direkten Gesprächskanal zur oppositionellen Volkspartei (PP) unterhält.

Sánchez’ strategischer Trumpf: Der regionale Schuldenerlass

Angesichts dieser komplexen Lage setzt die Regierung auf einen strategischen Schachzug: den Erlass von über 83.000 Millionen Euro an regionalen Schulden. Diese Maßnahme, ursprünglich mit der ERC vereinbart, wurde auf alle autonomen Gemeinschaften ausgeweitet und würde insbesondere Andalusien, Katalonien und die Valencianische Gemeinschaft entlasten.

Mit diesem Schritt will die Regierung zwei Ziele erreichen: Zum einen demonstriert sie Handlungsfähigkeit und die Erfüllung von Zusagen. Zum anderen bringt sie die oppositionelle PP in Bedrängnis, die nun erklären müsste, warum sie eine finanzielle Entlastung für ihre eigenen, von ihr regierten Regionen ablehnt. Zwar sichert dieser Schritt keine Stimmen für den Haushalt, er verändert jedoch den politischen Rahmen und setzt die anderen Parteien unter Zugzwang.

Ein Herbst der Entscheidung

Pedro Sánchez steckt in einem Dilemma. Legt er keinen Haushalt vor, bricht er die Verfassung. Legt er einen vor und scheitert, offenbart er das Ende seiner parlamentarischen Mehrheit. Viele politische Beobachter vermuten, dass der Präsident genau dieses Scheitern als Alibi für Neuwahlen nutzen könnte. Doch die Regierung bestreitet dies entschieden und verweist auf die Verfügbarkeit von EU-Geldern und die Möglichkeit weiterer Haushaltsverlängerungen, um die Legislaturperiode bis zum Ende durchzuhalten. Der kommende Herbst wird somit zum ultimativen Test für die Stabilität der Regierungskoalition und ihre Fähigkeit, das Land durch eine unsichere politische Landschaft zu steuern.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Spanien?
Abonniere unseren Newsletter