Spaniens Regierung startet umstrittene Umsiedlung minderjähriger Migranten

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Staatsanwaltschaft von Las Palmas trennt Migrantenkinder bis zu zwei Monate von ihren Müttern

Nach einer Anordnung des Obersten Gerichtshofs hat die spanische Regierung an diesem Montag mit der dringenden Überstellung von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern von den Kanarischen Inseln auf das Festland begonnen. Die ersten acht von insgesamt rund achthundert Jugendlichen werden umgesiedelt, um die überlasteten Einrichtungen auf dem Archipel zu entlasten. Dieser Schritt markiert den Beginn eines komplexen und politisch heiklen Prozesses.

Anpassung der Aufnahmezentren für Erwachsene

Die Herausforderung liegt in der Struktur des staatlichen Aufnahmesystems, das primär für Erwachsene konzipiert ist. Die ersten Minderjährigen werden daher in die kleinsten verfügbaren Einheiten des internationalen Schutznetzwerks gebracht, um eine Trennung von erwachsenen Flüchtlingen zu gewährleisten. Elma Saiz, die Ministerin für Integration, soziale Sicherheit und Migration, bestätigte, dass wöchentlich Gruppen von 15 bis 20 Jugendlichen folgen sollen. Sobald die kleineren Kapazitäten erschöpft sind, sollen größere Zentren so umgebaut werden, dass separate Bereiche für die Minderjährigen entstehen.

Die Regierung arbeitet mit Hochdruck an der Bereitstellung von 1.200 neuen staatlichen Plätzen. Dafür hat der Ministerrat bereits ein Budget von 40 Millionen Euro freigegeben. Ministerin Saiz betonte, dass keine autonome Gemeinschaft von der Aufnahme ausgenommen werde. Obwohl Madrid zunächst keine der ersten acht Minderjährigen aufnimmt, könnten im Laufe der Zeit auch dortige Zentren für die Unterbringung in Betracht gezogen werden. Die Auswahl und Anpassung der Orte erfolgt in enger Absprache mit erfahrenen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), um den “spezifischen Bedürfnissen” der oft traumatisierten Jugendlichen gerecht zu werden. Bei den Betroffenen handelt es sich um ein “sehr verletzliches” Profil: 90 Prozent stammen aus dem kriegsgebeutelten Mali.

Politischer Widerstand und rechtliche Schritte der Regionen

Die Umsiedlungspläne stoßen auf erheblichen Widerstand, insbesondere aus den von der konservativen Volkspartei (PP) regierten Regionen. Führende Politiker wie Isabel Díaz Ayuso aus Madrid haben gewarnt, dass sie die Aufnahme ablehnen würden, wenn keine “respektvolle und garantierte” Unterbringung möglich sei. Die Gemeinde Pozuelo de Alarcón ordnete sogar die Schließung eines Aufnahmezentrums an, in dem die Regierung rund 400 Minderjährige unterbringen wollte. Die PP kritisiert zudem die Regierung für die verzögerte Umsetzung des Gerichtsurteils und fordert, dass auch Katalonien und das Baskenland ihrer Verantwortung nachkommen.

Parallel dazu eskaliert ein weiterer Konflikt: die geplante Verteilung von fast 4.000 weiteren minderjährigen Migranten, die keine Asylbewerber sind. Elf PP-regierte Gemeinschaften haben gegen diesen Plan Verfassungsbeschwerde eingelegt, da sie einen Eingriff in ihre Kompetenzen sehen. Madrid und Valencia haben zusätzlich Klagen beim Obersten Gerichtshof eingereicht. Die Verteilung sieht vor, dass Andalusien (677), Madrid (647) und die Valencianische Gemeinschaft (571) die meisten Minderjährigen aufnehmen. Die Zentralregierung droht mit rechtlichen Schritten bis hin zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft, sollten sich die Regionen weigern, die ab Ende August geplanten Transfers durchzuführen.


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