Die Zahlen sind alarmierend und sprechen eine deutliche Sprache: Während die Löschung eines einzigen Hektars von einem Waldbrand verwüsteten Landes mit rund 30.000 Euro zu Buche schlägt, könnten Investitionen in die Prävention diese Kosten auf nur 3.000 Euro pro Hektar senken. Das entspricht einer Reduzierung um 90 Prozent. Diese brisanten Daten stammen von Professor David Badía, einem renommierten Bodenkundler der Universität Saragossa und Forscher am Universitätsinstitut für Umweltwissenschaften von Aragonien (IUCA).
Spaniens Wälder in Flammen: Ein Flächenbrand von enormem Ausmaß
Allein in diesem Jahr fielen laut Schätzungen des Copernicus-Beobachtungsprogramms der EU bereits 375.000 Hektar den Flammen zum Opfer. Eine unvorstellbar große Fläche, die, so vergleicht es Professor Badía, doppelt so groß ist wie die Pyrenäen von Huesca. Für den Forscher ist klar: Feuer, einst ein nützliches Werkzeug des Menschen, ist heute, außer Kontrolle geraten, die Hauptursache für die Zerstörung der natürlichen Umwelt in Spanien und im gesamten Mittelmeerraum.
Die explosive 30-30-30-Regel und die Rolle des Klimas
Einer der entscheidenden Faktoren für die rasante Ausbreitung von Bränden ist das Klima. Professor Badía verweist auf die sogenannte 30-30-30-Regel: Temperaturen über 30 °C, eine relative Luftfeuchtigkeit unter 30 % und Windgeschwindigkeiten von mehr als 30 km/h schaffen die perfekten Bedingungen für eine Feuerkatastrophe. Die extremen Hitzewellen der letzten Sommer haben die Vegetation, die in den regenreichen Frühjahren üppig wuchs, in brandgefährlichen Zunder verwandelt. In Kombination mit leicht entzündlichen Pflanzen wie Kiefern entsteht ein hochentzündlicher Brennstoff, der sich über Jahrzehnte ungestörten Waldwachstums angesammelt hat.
Das Paradox der Brandbekämpfung: Ein Teufelskreis
Hier kommt ein zentrales Problem ins Spiel, das Experten als das “Paradox des Aussterbens” bezeichnen. Professor Badía erklärt: “Je effektiver wir Brände löschen und den Wald kurzfristig retten, desto mehr Brennstoff sammelt sich an und desto größer wird das Problem in den kommenden Jahren.” Die Lösung liegt daher in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Brandbekämpfung und präventivem Waldmanagement. Es geht darum, die Feuer bereits “im Winter zu löschen”, indem man die Landschaft pflegt und die Brandlast reduziert.
Wege aus der Krise: Innovative Projekte zeigen Wirkung
Um diesem Paradox zu entkommen, müssen zwei wesentliche Maßnahmen ergriffen werden. Erstens, die Sensibilisierung der Bevölkerung, da rund 80 % aller Brände auf menschliches Verschulden – sei es Fahrlässigkeit, Unfälle oder Brandstiftung – zurückzuführen sind. Zweitens, die aktive Gestaltung der Landschaft durch eine Neubelebung des ländlichen Raums.
In Spanien gibt es bereits vielversprechende Management-Erfahrungen, die zeigen, wie es funktionieren kann:
- “Ramats de foc” in Katalonien: Ein Projekt, das Fleisch- und Milchprodukte von Herden zertifiziert, die durch gezielte Beweidung Feuerschneisen schaffen.
- “Mosaico Extremadura”: Eine Initiative, die Landwirtschaft, extensive Viehzucht und produktive Wälder integriert, um eine feuerresistente Mosaiklandschaft zu schaffen.
- RAPCA-Netzwerk in Andalusien: Hier wird Beweidung strategisch zur Anlage von Brandschneisen genutzt.
- Initiative in Somontano: In Zusammenarbeit mit SEO/Birdlife werden Schafe eingesetzt, um die Vegetation in der Nähe von städtischen Gebieten kurz zu halten und so die Brandgefahr zu senken.
Diese Projekte, ebenso wie soziale Initiativen zur Aufwertung von Gebieten, zeigen, dass eine lebendige, ländliche Welt der beste Schutz für die Wälder ist.
Die tiefen Wunden des Feuers: Langfristige Schäden für Boden und Klima
Wenn ein Wald brennt, entweicht der in der Vegetation und im Boden gespeicherte Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre und heizt den Klimawandel weiter an. Doch die Schäden gehen tiefer. Das Feuer vernichtet Nährstoffe, verflüchtigt Stickstoff und hinterlässt einen schutzlosen Boden. Die Folge sind Erosion und Überschwemmungen, da der erste Regen die Asche und die wertvolle Erdschicht in Flüsse und Stauseen spült. Dies verschlechtert nicht nur die Wasserqualität, sondern führt auch zur Verlandung der Reservoirs und fördert die Wüstenbildung.
Obwohl sich viele mediterrane Ökosysteme erstaunlich schnell regenerieren können – einige Pflanzen sprießen aus den Wurzeln wieder aus, andere keimen erst nach einem Feuer –, ist dieser Prozess stark gefährdet, wenn der Boden zu sehr geschädigt ist. Die Erhaltung eines gesunden Bodens ist daher, so schließt der Forscher, der Schlüssel zur Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme und der wirksamste Schutz vor der fortschreitenden Wüstenbildung.
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