Spaniens Atomkraftwerke: Iberdrola und Endesa fordern umfassende Neuverhandlungen über Laufzeitverlängerung

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Spanien Atomkraftwerk

Die führenden spanischen Energieversorger Iberdrola und Endesa haben eine signifikante Änderung ihrer Verhandlungsstrategie mit der Regierung angekündigt. Anstatt sich nur auf die Verlängerung der Betriebsdauer des Kernkraftwerks Almaraz in der Extremadura zu konzentrieren, streben sie nun direkte und exklusive Gespräche mit der dritten Vizepräsidentin, Sara Aagesen, über die gesamte spanische Atomflotte von sieben Reaktoren an. Dieser weitreichende Schritt deutet auf einen Paradigmenwechsel in der spanischen Energiepolitik hin und könnte weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft der Kernenergie im Land haben.

Der Brief an Aagesen: Auslöser für den Kurswechsel

Brancheninsider erklären diesen Strategiewechsel mit einem Schreiben, das die beiden Elektrizitätsunternehmen vor zwei Wochen an Aagesen sandten. Darin bekundeten sie ihre klare Absicht, die Laufzeiten der Kernkraftwerke in Spanien über die ursprünglich geplanten Stilllegungsdaten hinaus zu verlängern. Ursprünglich hatten Iberdrola und Endesa geplant, vor Ostern eine außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrats der Werke Almaraz und Trillo (CNAT) einzuberufen, um gemeinsam mit dem dritten Eigentümer, Naturgy, eine zwei- bis dreijährige Verlängerung für Almaraz zu prüfen. Diese hätte es beiden Reaktoren von Almaraz ermöglicht, ihre zehnjährige Lizenz einzuhalten und ihre für 2027 und 2028 geplanten Stilllegungen auf 2030 zu verschieben, ohne eine erneute Überprüfung durch den Rat für nukleare Sicherheit zu benötigen.

Das Datum dieser Sitzung wurde jedoch nie bestätigt. Stattdessen gab es lediglich ein reguläres Treffen, das die Frage der Laufzeitverlängerung nicht behandelte. Dies bestärkt die Vermutung, dass die ursprüngliche Absicht für ein solches Treffen nicht mehr besteht. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass sich der Fokus der Verhandlungen nicht nur in der Form des Dialogs mit dem Ministerium ändert, sondern auch im Umfang: Iberdrola und Endesa konzentrieren sich nun auf den gesamten Atompark Spaniens, bestehend aus fünf Kraftwerken und sieben Reaktoren.

Mehrheitseigentümer streben umfassende Lösung an

Iberdrola und Endesa halten Mehrheitsbeteiligungen an allen spanischen Kernkraftwerken. So ist Endesa alleiniger Eigentümer von Ascó I, und Iberdrola besitzt Cofrentes vollständig. Sie sind zudem an Ascó II und Valdellós II beteiligt. Im Fall von Almaraz I und II sowie Trillo teilen sie sich das Eigentum mit EDP und Naturgy, wobei Letzteres nur einen Anteil von über 12 % am Werk Trillo hält (34,5 %).

Obwohl jede Entscheidung zur Laufzeitverlängerung die Einstimmigkeit aller Eigentümer erfordert – was Naturgy einschließt –, bevorzugen Iberdrola und Endesa Verhandlungen in einem kleineren Kreis mit Aagesen. Dies liegt möglicherweise daran, dass Naturgy unter der Führung von Fernando Reynés derzeit mehr Interesse an der Stromerzeugung mittels Erdgas zu haben scheint, was für das Unternehmen profitabler sein könnte als die Kernenergie. Ungeachtet dessen ist es die Position von Naturgy, die Nutzungsdauer von Almaraz bis 2030 zu verlängern, während der gesamte Zeitplan für alle Anlagen ausgehandelt wird.

Reaktion des Ministeriums für den ökologischen Wandel: Keine formelle Ablehnung, aber auch keine Bestätigung

Das Ministerium für den ökologischen Wandel betrachtet das Schreiben der Energieversorger derzeit lediglich als Absichtserklärung. Diese Woche wurde betont, dass der Vizepräsidentin noch kein formeller Vorschlag zur Änderung des Zeitplans für die Stilllegung der Atomkraftwerke vorliegt. Das Ministerium bekräftigte seine Bedingungen für eine Verlängerung: Diese müsse mit der nuklearen Sicherheit und der Versorgungssicherheit vereinbar sein und dürfe den Verbrauchern und Steuerzahlern wirtschaftlich nicht schaden. Bislang gebe es diesbezüglich keine Neuigkeiten. Das Ministerium empfindet sich durch das Schreiben der beiden Energieversorger nicht unter Druck gesetzt, lehnt den Versuch aber auch nicht ab.

Steuerliche Entlastungen als zentrale Forderung der Energieversorger

In ihrem Brief forderten Iberdrola und Endesa nicht nur eine Verlängerung der Nutzungsdauer der Anlagen, sondern auch eine signifikante Senkung der Steuern, die ihrer Meinung nach die Kernenergie unrentabel machen. Insbesondere fordern sie die Abschaffung der Steuer auf abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle aus der Erzeugung von Kernenergie. Sie schlagen vor, die Liquidation dieser Abgaben aufgrund einer Senkung der “Enresa-Steuer” für den Abbau der Anlagen und die Abfallentsorgung zu reduzieren.

Neben dieser Steuer zielen die Energieversorger auf die Abschaffung oder Reduzierung weiterer Abgaben ab. Dies deckt sich mit den Forderungen der Parteien PP, Junts und Vox, die sich am stärksten für die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken einsetzen. Auch ERC scheint in dieser Frage nicht zurückbleiben zu wollen. Am Donnerstag wurde auf Antrag von Junts ein Antrag angenommen, der eine Reihe von Steuersenkungen vorsieht, darunter die Einführung eines Steuersatzes von 0 % auf den Wert der Stromerzeugung, sofern kein Tarifdefizit besteht. Die PP hatte eine ähnliche Maßnahme bereits vor einigen Monaten vorgeschlagen. Damals handelte es sich um eine nicht bindende Initiative, doch das erreichte Quorum gab der PP den Anstoß, einen Gesetzentwurf zu registrieren, der eine Verlängerung um 10 Jahre und folglich eine Neuberechnung der ENSA-Steuer vorsieht. Dieser könnte, sofern die Fraktionen zustimmen, Gesetz werden und somit verpflichtend.


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