Spanien steht vor der Debatte, ob die DGT ihre Strafen für die Reichen um 500 Prozent erhöhen soll

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Autobahn Spanien
Jorge Franganillo, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Sumar hat im spanischen Abgeordnetenhaus einen Gesetzesentwurf zur Einführung einkommensabhängiger Verkehrsbußgelder vorgelegt. Dieser sieht Erhöhungen von bis zu 500% vor und orientiert sich an einem Konzept, das bereits in anderen Ländern Anwendung findet und auf mehr Gerechtigkeit abzielt.

Derzeit befindet sich der Vorschlag im ersten Stadium des Gesetzgebungsprozesses. Nach Einreichung eines solchen Gesetzentwurfs hat die Regierung 30 Tage Zeit zu reagieren. Im Falle einer positiven Antwort beginnt die Frist für Änderungsanträge, bevor im Abgeordnetenhaus über die endgültige Verabschiedung debattiert und abgestimmt wird. Obwohl der Prozess noch am Anfang steht, eröffnet Sumars Initiative eine wichtige Debatte über die Einführung progressiver Bußgelder in Spanien.

Kern des Vorschlags ist das Prinzip: Wer mehr verdient, zahlt bei Verkehrsverstößen auch mehr. “Es kann nicht sein, dass eine Geldstrafe für manche den Ruin bedeutet, während sie für andere ein Taschengeld ist”, erklärte Sumar-Sprecher Enrique Santiago gegenüber El País.

Konkret sieht der Entwurf folgende Staffelung vor:

  • Basis-Erhöhung: +30% unter Berücksichtigung von Schwere des Vergehens, Vorgeschichte des Fahrers, Wiederholungstäterschaft, potenzieller Gefährdung und Verhältnismäßigkeit.
  • Einkommen 70.000 – 85.000 Euro: +150%
  • Einkommen 85.000 – 100.000 Euro: +300%
  • Einkommen über 100.000 Euro: +500%

Gleichzeitig sind für schwere und sehr schwere Verstöße Ermäßigungen vorgesehen:

  • Einkommen bis zum 1,5-fachen des Mindestlohns (SMI): -30%
  • Einkommen zwischen dem 1,5- und 2,5-fachen des SMI: -15%

Derzeit unterscheidet die DGT (Dirección General de Tráfico) bei Verkehrsverstößen drei Kategorien:

  • Leichte Verstöße: bis 100 Euro
  • Schwere Verstöße: 200 Euro
  • Sehr schwere Verstöße: in der Regel 500 Euro, Alkohol/Drogen am Steuer 1.000 Euro, Radarwarner/Störsender 3.000 Euro.

Am Beispiel einer Geschwindigkeitsüberschreitung (schwerer Verstoß) verdeutlicht sich die Auswirkung des Sumar-Vorschlags:

  • Einkommen unter 1,5 x SMI: 70 Euro
  • Einkommen 1,5 – 2,5 x SMI: 85 Euro
  • Einkommen über 2,5 x SMI bis 70.000 Euro: bis zu 130 Euro (unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren)
  • Einkommen 70.000 – 85.000 Euro: 250 Euro
  • Einkommen 85.000 – 100.000 Euro: 400 Euro
  • Einkommen über 100.000 Euro: 600 Euro

Im Extremfall (schwerste Geschwindigkeitsüberschreitung) könnten Bußgelder bis zu 3.600 Euro erreichen, bei Drogenkonsum 6.000 Euro und bei Verwendung von Störsendern/Radarwarnern sogar 18.000 Euro.

Einkommensabhängige Bußgelder existieren bereits in einigen EU-Ländern, beispielsweise in Finnland (seit 1929), Schweden und der Schweiz. In Dänemark sind sogar Ermäßigungen bis zu 50% möglich. Finnland erlangte mediale Aufmerksamkeit durch hohe Bußgelder für wohlhabende Verkehrssünder.

Die Wirksamkeit solcher Bußgelder ist umstritten. Manche Studien sehen positive Effekte auf die Unfallzahlen, andere bezweifeln einen direkten Zusammenhang. Eine Metaanalyse stellte zwar einen Rückgang der Verstöße bei erhöhten Bußgeldern fest, konnte aber keinen eindeutigen Einfluss auf Unfallzahlen oder Verletzte nachweisen.


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