Brüssel hat eine alarmierende Bilanz gezogen: Spanien hat bisher 80 Prozent der ihm zugewiesenen EU-Mittel aus dem NextGenerationEU-Programm nicht ausgegeben. Von den insgesamt 163 Milliarden Euro wurden bis dato lediglich knapp 32 Milliarden Euro abgerufen, was weniger als 20 Prozent der Gesamtsumme entspricht. Die Zeit drängt, denn Brüssel wird den Geldhahn bereits 2026 zudrehen.
Spanien ist mit 80 Milliarden Euro an nicht rückzahlbaren Mitteln der größte Empfänger innerhalb der EU und der zweitgrößte, wenn man Kredite zu günstigen Konditionen hinzurechnet, was die besagten 163 Milliarden Euro ergibt. Im Vergleich dazu hat Italien von seinen 194 Milliarden Euro bis 2024 bereits 64,4 Milliarden Euro (33 Prozent) in Anspruch genommen. Frankreich hat sogar einen Großteil seiner 40,3 Milliarden Euro (87 Prozent) ausgegeben und liegt damit weit vor Spanien, obwohl es deutlich weniger Mittel zur Verfügung hatte.
Die Verzögerung bei den Ausgaben und dem Mittelzufluss
Die Europäische Kommission hat detailliert aufgeschlüsselt, wie sich die Auszahlungen an Spanien in den letzten Jahren gestaltet haben: Im Jahr 2021 waren es 2,744 Milliarden Euro (0,2 % des BIP), 2022 stiegen sie auf 5,774 Milliarden Euro (0,4 % des BIP), 2023 auf 11,131 Milliarden Euro (0,7 % des BIP) und 2024 auf 12,122 Milliarden Euro (0,8 % des BIP). Diese Summen bilden die knapp 32 Milliarden Euro, die bisher tatsächlich abgeflossen sind.
Doch nicht nur die Ausgaben stagnieren, auch der Eingang der Gelder aus Brüssel ist schleppend. Von den zugesagten 163 Milliarden Euro hat Spanien erst 48,3 Milliarden Euro erhalten, was nur 30 Prozent der Gesamtsumme ausmacht. Seit fast einem Jahr hat Spanien keine weiteren EU-Mittel erhalten. Der Grund hierfür liegt in der zögerlichen Umsetzung der Reformen und Investitionen, die als Voraussetzungen für die Auszahlungen im Aufbauplan mit der Kommission vereinbart wurden. Während Italien bereits 63 Prozent, Frankreich 77 Prozent und Portugal 51 Prozent ihrer jeweiligen Mittel erhalten haben, hinkt Spanien deutlich hinterher.
Im Dezember 2024 beantragte die spanische Exekutive die fünfte Auszahlung, deren Betrag aufgrund der angehäuften Verzögerungen auf 25 Milliarden Euro erhöht wurde, um einen Teil der später benötigten Gelder vorzuziehen. Die aktuelle parlamentarische Instabilität Spaniens und anhaltende Investitionshemmnisse haben jedoch dazu geführt, dass einige der mit dieser Zahlung verbundenen Ziele nicht fristgerecht erreicht werden konnten.
Seit Dezember hat die Regierung der Kommission bereits drei Änderungsanträge zum Plan vorgelegt, um die Erfüllung der Ziele zu erleichtern – die letzte davon am 19. Mai, wie unter anderem auf nachrichten.es berichtet wurde, um den Abruf von Krediten aus Brüssel zu beschleunigen. Weder die Regierung noch die Kommission sind an einem Scheitern interessiert, doch die Hürden für die spanische Exekutive sind beträchtlich.
Stolperstein Steuerreform und die Gefahr eines “Embargos”
Ein zentrales Hindernis ist die unvollständige Steuerreform. Brüssel stuft diese in seinem jüngsten Länderbericht als “unvollständig” ein, da die geplante Erhöhung des Dieselpreises noch immer nicht genehmigt wurde. Spanien hatte sich verpflichtet, bis 2023 Reformen umzusetzen, die unter anderem eine Erhöhung der Dieselsteuer beinhalten sollten. Die Angleichung der Dieselbesteuerung an die von Benzin ist eine Forderung der Europäischen Kommission, die jedoch im spanischen Parlament, insbesondere durch Widerstand von Podemos und PNV, bislang scheiterte.
Die Nichteinhaltung von Reformen oder Investitionen kann dazu führen, dass Brüssel einen Teil der Gelder über Monate hinweg “beschlagnahmt”, um der Regierung Zeit zur Nachbesserung zu geben. Wenn die Frist jedoch endgültig verstreicht, gehen die Mittel verloren. Dies geschah bereits bei der vierten Auszahlung, als die Kommission 158 Millionen Euro aufgrund eines nicht erreichten Meilensteins im Bereich digitaler Investitionen zurückhielt. Reformen wie die Steuerreform haben für Brüssel höchste Priorität, und ihre Nichterfüllung birgt ein erhebliches Risiko für weitere Mittelabrufe.
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