Spanien kämpft gegen alarmierenden Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen – Gesundheitsministerium startet Aufklärungsoffensive

1223
Spanien kämpft gegen alarmierenden Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen – Gesundheitsministerium startet Aufklärungsoffensive
ID 98514675 © Andrii Klemenchenko | Dreamstime.com

Das spanische Gesundheitsministerium hat eine umfassende Sensibilisierungskampagne gegen den besorgniserregenden Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen (STI) gestartet. Obwohl sich die Initiative primär an junge Menschen richtet, zeigt sich ein alarmierender Trend über alle Altersgruppen hinweg, einschließlich der über 65-Jährigen. Expertin Nayara Malnero, renommierte Sexologin, Psychologin und Paartherapeutin, betont die fehlende öffentliche Auseinandersetzung mit dieser gravierenden Herausforderung im Bereich der öffentlichen Gesundheit.

Falsches Sicherheitsgefühl: Unwissenheit als Haupttreiber der STI-Zunahme

Ein „falsches Gefühl der Immunität“ führt zu einer alarmierenden Sorglosigkeit gegenüber STI. Viele fühlen sich nicht gefährdet, da ihnen das notwendige Wissen fehlt. HIV wird oft gedanklich auf weit entfernte Regionen oder bestimmte Risikogruppen beschränkt, wodurch eine persönliche Betroffenheit negiert wird. Dies führt paradoxerweise zu einem Anstieg von HIV-Fällen selbst bei Minderjährigen, die aus reiner Unkenntnis und mangelnden Referenzmodellen ungeschützt Risiken eingehen. Die Kampagne zielt darauf ab, diese Wissenslücken zu schließen und jungen Menschen die Bedeutung von Prävention und Grenzensetzung zu vermitteln. Es geht darum, „Nein“ sagen zu können, wenn kein Kondom benutzt werden soll, und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.

Syphilis, Gonorrhoe und Chlamydien auf dem Vormarsch: Dramatische Zahlen aus dem „Epidemiologischen Überwachungsbericht“

Der jüngste „Epidemiologische Überwachungsbericht über sexuell übertragbare Infektionen“ des Nationalen Epidemiologischen Überwachungsnetzes (RENAVE) zeichnet ein düsteres Bild: Die Ausbreitung von STI in Spanien schreitet unaufhörlich voran. Allein im Jahr 2022 wurden 23.333 Fälle von Gonorrhoe registriert – eine Verdoppelung der Infektionen im Vergleich zu 2021.

Auch Syphilis zeigt einen alarmierenden Aufwärtstrend. Während im Jahr 1995 noch 4.599 Fälle dokumentiert wurden, erreichte die Zahl im Jahr 2022 mit 8.141 bestätigten Fällen einen absoluten Rekord. Nayara Malnero führt diese Entwicklung auf mangelndes Wissen zurück. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass ein STI-Test erst nach mindestens sechs Monaten nach einer risikoreichen Begegnung aussagekräftig ist und dass ein alleiniger HIV-Test nicht ausreicht, um das gesamte Spektrum möglicher Infektionen abzudecken. Eine umfassende Analyse ist in Zweifelsfällen unerlässlich.

Symptomlose Übertragung: Die unterschätzte Gefahr vieler STI

Ein erhebliches Problem bei der Eindämmung von STI ist die Tatsache, dass viele Infektionen symptomlos verlaufen. Das Vertrauen in äußere Erscheinung oder Hygiene einer Person führt oft zu einem falschen Gefühl der Sicherheit. Doch viele Infizierte sind sich ihrer Erkrankung nicht bewusst und geben diese unwissentlich weiter.

Tripper, verursacht durch das Bakterium Neisseria gonorrhoease (Gonokokken), zählt zu den häufigsten STI in Spanien. Es befällt primär die Schleimhäute der Genital- und Harnwege, kann aber auch Augen, Rachen und Rektum infizieren. Die Übertragung erfolgt nicht nur durch vaginalen oder analen Geschlechtsverkehr, sondern auch durch Oralsex.

Die Symptome von Gonorrhoe unterscheiden sich bei Männern und Frauen. Bei Männern äußern sie sich typischerweise durch Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen, weißlichen oder gelblichen Ausfluss aus dem Penis sowie Schmerzen oder Schwellungen im Hoden. Frauen hingegen erleben häufig vermehrten vaginalen Ausfluss, Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen, Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr und Bauch- oder Beckenschmerzen. Das „wirkliche Risiko“ liegt jedoch darin, dass viele Genitalinfektionen keine erkennbaren Symptome aufweisen, wodurch die Betroffenen unwissentlich zu Überträgern werden.

Kondome: Die unverzichtbare Barriere gegen die STI-„Epidemie“

Nayara Malnero beklagt, dass viele junge Menschen die Notwendigkeit von Kondomen unterschätzen und diese lediglich mit der Schwangerschaftsverhütung in Verbindung bringen. Das Fehlen einer umfassenden Aufklärung und sichtbarer Vorbilder trägt zur geringen Akzeptanz und Normalisierung des Kondomgebrauchs bei. Eine gesellschaftliche Veränderung ist dringend notwendig, um die Verbreitung von STI einzudämmen. Familien sollten nicht empört reagieren, wenn sie Kondome bei ihren Kindern finden, sondern sie für ihre Verantwortungslust loben.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Spanien?
Abonniere unseren Newsletter