Das spanische Finanzministerium plant eine weitreichende Änderung, die erstmals Rentner und Arbeitslose dazu verpflichten könnte, Steuern auf Einkommen in Höhe des Mindestlohns zu zahlen. Diese brisante Neuerung, die sich im Kleingedruckten einer Gesetzesänderung versteckt, ist im Zuge eines turbulenten Prozesses um die Besteuerung von Mindestlohnempfängern für das Jahr 2025 weitgehend unbemerkt geblieben.
Eine Kehrtwende der Regierung: Von Befreiung zu Besteuerung
Die Entwicklung um die Besteuerung von Mindestlohnempfängern ist von einer bemerkenswerten Kehrtwende geprägt. Ursprünglich hatte Finanzministerin María Jesús Montero argumentiert, dass diese Personengruppe erstmals Steuern zahlen sollte, um dann ihre Meinung zu ändern und eine Befreiung in Form eines Abzugs in Raten zu beschließen. Diese Befreiung wurde jedoch durch einen Fehler im ursprünglichen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf über die Haftpflicht und die Versicherung im Kraftfahrzeugverkehr verzögert. Die Regierungsparteien PSOE und Sumar korrigierten diesen Fehler sowie einen weiteren gravierenden Rechenfehler, der zu einem historisch hohen Grenzsteuersatz von bis zu 90 % für Geringverdiener geführt hätte.
Die subtile Falle: Steuererklärungspflicht für Mindestlohnempfänger
Im Gegensatz zur Handhabung im Jahr 2024 sieht die neue Regelung vor, dass alle vom Mindestlohn betroffenen Steuerzahler im Frühjahr nächsten Jahres eine Steuererklärung einreichen müssen, um die ihnen einbehaltenen Beträge zurückzufordern. Dies bedeutet, dass Geringverdiener im Jahr 2025 den Staat durch ihre Quellensteuereinbehalte vorfinanzieren müssen, zusätzlich zu der neuen formalen Verpflichtung der Steuererklärung.
Ein Schlag für Rentner und Arbeitslose: Der neue Ausschluss
Der eigentliche “Schlag” trifft jedoch Rentner und Arbeitslose. Im Gegensatz zu den korrigierten Fehlern, auf die das Register der Ökonomen und Steuerberater (REAF) aufmerksam gemacht hatte, scheint dieser Rückschlag bewusst angestrebt zu sein. Ein Vergleich des neuen Textes mit dem bestehenden Einkommensteuergesetz offenbart, dass die Regierung Rentner und Arbeitslose erstmals von einer wichtigen Prämie ausschließt. Der neue Text besagt, dass der Abzug für Arbeitseinkommen nur für diejenigen gilt, die “aus der tatsächlichen Erbringung von Dienstleistungen stammen, die einem Arbeitsverhältnis oder einem gesetzlichen Verhältnis entsprechen”. Dies bedeutet, dass nur Personen, die aktiv in einem Arbeitsverhältnis stehen, von dieser Begünstigung profitieren. Ein Rentner, der den Mindestlohn erhält, wird demnach besteuert, es sei denn, er ist stark behindert oder sehr alt.
Arbeitslose: Eine “verdeckte Meldung” und weitere Unsicherheiten
Für Arbeitslose ist die Situation noch komplexer. Bereits das Königliche Gesetzesdekret vom 21. Mai 2024, das dringende Maßnahmen zur Vereinfachung des Arbeitslosenschutzes verabschiedete, verpflichtete sie zu einer “verdeckten Meldung”. Obwohl eine spätere SEPE-Anweisung sie für 2024 ausnahm, deutet alles darauf hin, dass diese Ausnahme nur temporärer Natur ist. Auch hier scheint die Regierung darauf abzuzielen, die Steuererklärungspflicht für alle Steuerzahler auszuweiten, ohne die Öffentlichkeit transparent darüber zu informieren.
Die Universalisierung der Einkommensteuer: Eine Steuererhöhung für die Geringverdiener?
Experten wie Francisco de la Torre und Carlos Victoria haben bereits im Februar 2023 in ihrer Analyse “Die Auswirkungen der Inflation auf die Einkommensteuer der unteren mittleren Einkommen und wie man sie besser abfedert” auf die Konstruktionsfehler der Einkommensteuer hingewiesen. Sie kritisierten, dass zwei Steuerzahler mit gleichem Einkommen unterschiedlich viel zahlen können, insbesondere wenn sie zwei Zahler statt nur einen haben. Dies führt zu Verzerrungen und unfairen Situationen. Eine Universalisierung der Einkommensteuererklärung – wie sie nun durch diese Änderungen angestrebt wird – würde für Steuerzahler mit geringem Einkommen eine Steuererhöhung bedeuten.
De la Torre und Victoria schlugen zwar einen Abzug in der Steuererklärung vor, um dies zu vermeiden, räumen aber ein, dass dies höhere Kosten verursachen würde. Er bezeichnet die Diskriminierung von Arbeitslosen als “besonders blutig”. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass das Finanzministerium einen anderen Weg geht, der tiefgreifende Auswirkungen auf die finanziellen Rahmenbedingungen vieler Bürger haben wird.
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