Pedro Sánchez, der spanische Regierungspräsident, hat am heutigen Montag eine bedeutende Lateinamerika-Tour begonnen, die in Chile ihren Auftakt feiert. Im Mittelpunkt dieser Reise stehen die Stärkung demokratischer Werte und die entscheidende Förderung des Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Mercosur-Block. Diese Reise, die letzte Auslandsmission des Premierministers vor der Sommerpause, unterstreicht Spaniens und Europas Bestreben, die strategischen Partnerschaften mit Lateinamerika maßgeblich auszubauen und zu vertiefen.
Verteidigung der Demokratie: Ein Forum gegen Populismus und Extremismus
Ein zentraler Pfeiler von Sánchez’ Besuch ist die Teilnahme am Forum “Democracy Always”, das auf Initiative des chilenischen Präsidenten Gabriel Boric im historischen Palacio de la Moneda stattfindet. Dieses hochrangige Treffen versammelt führende Persönlichkeiten wie Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Kolumbiens Gustavo Petro und Uruguays Yamandú Orsi. Ziel des Forums ist es, eine starke Front gegen die zunehmenden Angriffe auf demokratische Institutionen durch populistische und rechtsextreme Bewegungen zu bilden und gemeinsame Strategien zu entwickeln.
Die Wurzeln dieses wichtigen Gipfels reichen bis zur 79. UN-Generalversammlung zurück, wo Lula und Sánchez gemeinsam ein Treffen gegen Extremismus organisierten, an dem auch Boric teilnahm. Im aktuellen Kontext der Diskussionen in der chilenischen Hauptstadt wird sich Präsident Sánchez insbesondere auf den Kampf gegen Desinformation im digitalen Raum konzentrieren. Nach den offiziellen Gesprächen im La Moneda erwartet die Staats- und Regierungschefs ein Mittagessen mit renommierten Intellektuellen wie dem amerikanischen Ökonomen und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, der amerikanischen Philosophin Susan Neiman und dem südkoreanischen Ökonomen Ha-Joon Chang, einem Experten für Entwicklungsstrategien. Den Abschluss des chilenischen Teils bildet ein Treffen mit Vertretern von über 300 chilenischen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Gilberto Aranda, Akademiker am Institut für Internationale Studien der Universität von Chile, betont die Notwendigkeit solcher Treffen: “Es ist ein Szenario der Deglobalisierung, der globalen Unordnung. Ich denke, es ist wichtig, sich mit den Verteidigern pluraler Demokratien zu treffen und darüber zu diskutieren, wie wichtig es ist, die Minderheit nicht zu unterwerfen. Die sanitären Absperrungen haben nicht funktioniert und die Diskussion muss eröffnet werden.”
Paulina Astroza, Akademikerin an der Universität von Concepción, sieht in dem Gipfel auch eine Chance für den Progressivismus zur “Selbstkritik”. Sie merkt an: “Der Progressivismus muss konsistent sein zwischen Diskurs und Aktion, und das war er nicht immer. Sie muss analysieren, warum so viele Menschen, die sich zuvor für linke und Mitte-Links-Optionen entschieden haben, diese im Stich lassen.”
Die chilenische Rechte hat den Zeitpunkt dieses Treffens kritisiert, insbesondere da Chile derzeit Verhandlungen über Kupferzölle mit den Vereinigten Staaten führt. Boric wird vorgeworfen, in dieser Phase geopolitischer Komplexität nicht “neutral” zu bleiben.
Handelsabkommen EU-Mercosur: Eine Priorität für Spanien
Nach Chile führt Sánchez seine Reise nach Uruguay und Paraguay fort – zwei Länder, die dem Mercosur angehören. Hier wird der spanische Regierungspräsident das volle Engagement Spaniens für die baldige Umsetzung des EU-Mercosur-Abkommens bekräftigen. Die spanische Regierung hegt die Hoffnung, dass das Abkommen noch vor Jahresende ratifiziert und verabschiedet werden kann. Trotz positiver Signale der Europäischen Kommission wird aufgrund bestehender Hürden zur Vorsicht gemahnt. Die Übernahme der Mercosur-Präsidentschaft durch Brasilien wird von der Exekutive als wichtiger politischer Impuls für den Abschluss des Abkommens im aktuellen Handelskriegs-Kontext bewertet. Sánchez wird erneut die entscheidende Bedeutung der Umsetzung des Abkommens für beide Seiten hervorheben.
Montevideo: Stärkung bilateraler Beziehungen und wirtschaftlicher Zusammenarbeit
Am Dienstag trifft Sánchez in Montevideo mit Präsident Orsi zusammen. Das Thema des Handelsabkommens zwischen den beiden Regionen steht hier ganz oben auf der Agenda. Die spanische Regierung sieht in Orsi, der linken Koalition Frente Amplio angehörig, einen Präsidenten, der seit seinem Amtsantritt große Übereinstimmung mit Spaniens Politik gezeigt hat. Es ist beabsichtigt, die bilateralen Beziehungen durch die Unterzeichnung mehrerer Abkommen zu vertiefen.
Hierzu zählt die erstmalige Unterzeichnung eines “Country Alliance for Sustainable Development”-Dokuments, das die gemeinsame Zusammenarbeit in Bereichen wie Geschlechtergleichstellung oder erneuerbare Energien zum Ziel hat. Zudem wird ein internationales Abkommen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Bekämpfung des organisierten Verbrechens unterzeichnet.
Sánchez wird sich auch mit spanischen Geschäftsleuten in Uruguay treffen und an einem bilateralen Wirtschaftsforum teilnehmen. Sein Programm in Uruguay endet mit einem Besuch bei Lucía Topolensky, der Witwe des ehemaligen uruguayischen Präsidenten José Mujica, die als prägende Figur der lateinamerikanischen und weltweiten Linken gilt.
Asunción: Zirkuläre Migration als neues Modell
Die letzte Etappe der Reise führt Sánchez einen Tag später nach Asunción. Auch hier wird er an einem Forum mit Geschäftsleuten beider Länder teilnehmen und ein Treffen mit dem konservativen Präsidenten Paraguays, Santiago Peña, abhalten. Die Verteidigung des EU-Mercosur-Abkommens wird auch in Paraguay ein zentrales Thema sein. Beide Staatschefs werden die Unterzeichnung mehrerer Abkommen leiten, darunter ein wegweisendes Abkommen zur zirkulären Migration. Dieses ermöglicht paraguayischen Staatsbürgern, vorübergehend zur Arbeit nach Spanien zu reisen und anschließend in ihr Heimatland zurückzukehren, was ein neues Modell der Zusammenarbeit darstellt.
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