Rentensystem vor dem Kollaps? Spanien räumt 126 Milliarden Euro Schulden ein

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Rentensystem vor dem Kollaps? Spanien räumt 126 Milliarden Euro Schulden ein
Bild: KI

Das spanische Rentensystem steht vor einer monumentalen Herausforderung. Die Regierung hat jüngst eine historische Schuld von 126 Milliarden Euro im Sozialversicherungssystem eingeräumt, was einem beeindruckenden Anteil von 7,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Spaniens entspricht. Diese alarmierende Summe ist das Ergebnis von über drei Jahrzehnten ausstehender Zahlungen an den Staat. Während die Regierung das Defizit bestätigt, wird die Schuld auf eine Reihe von milliardenschweren Krediten geschoben, die seit den 1990er Jahren von aufeinanderfolgenden Regierungen aufgenommen wurden. Gleichzeitig verteidigt die aktuelle Exekutive ihr Modell der direkten Kapitaltransfers, um die Rentenausgaben zu decken, die nicht durch Sozialbeiträge finanziert werden können.

Historische Schuldenlast: Ein Blick hinter die Kulissen

Die Bestätigung dieser immensen Schuld erfolgte in einer parlamentarischen Antwort auf eine Anfrage der Volksgruppe im Kongress. Die Partei von Alberto Núñez Feijóo hatte Erklärungen zu einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Rechnungshofs gefordert. Dieser Bericht hatte Ende 2023 vor einem negativen Nettovermögen von 98.526 Millionen Euro in der Sozialversicherung gewarnt und hervorgehoben, dass die Eigenmittel des Systems nicht ausreichten, um die Ausgaben zu decken, was zu erheblichen Ungleichgewichten führte.

Der Bericht des Rechnungshofs beziffert die kumulierte Verschuldung der Sozialversicherung gegenüber dem Staat auf beeindruckende 116.166,41 Millionen Euro. Davon entfielen 98.997,76 Millionen auf den Zeitraum zwischen 2017 und 2023, während weitere 17.168,65 Millionen bereits in den 1990er Jahren zur Finanzierung ausstehender Verpflichtungen von Insalud gewährt wurden. Mit einem zusätzlichen Darlehen von über 10.000 Millionen Euro im Jahr 2024 summiert sich die Gesamtschuld auf erschreckende 126.170,2 Millionen Euro.

Kreditfallen und Eurostat-Kriterien: Die Regierungsargumentation

Die Regierung argumentiert, dass die bisherige Praxis, die Finanzierung der Sozialversicherung durch Darlehen zu instrumentalisieren, ihre Daseinsberechtigung verliert. Obwohl dies die Haushaltsstabilität gewährleisten mag, erhöhe es die systemische Verschuldung. Sie verweist auf die Kriterien von Eurostat, die besagen, dass die Finanzierung über Kredite für Unternehmen mit negativem Nettovermögen, wie es bei der Sozialversicherung der Fall ist, unzureichend sei. Stattdessen seien Kapitaltransfers das geeignetste Instrument für eine solche Finanzierung.

Trotz dieser Argumentation und nach über drei Jahrzehnten des Zahlungsverzugs hält die Exekutive es für “vertretbar, sich der endgültigen Reorganisation der Sozialversicherung zu stellen”. Konkrete Details zur geplanten Sanierung der Rechnungslegung bleiben jedoch vage. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht die Historie der Staatsdarlehen seit 1992 detailliert aufgeführt und kritisiert, dass keines dieser Darlehen zurückgezahlt wurde, obwohl seit der ersten Gewährung 31 Jahre vergangen sind. Diejenigen ohne festgelegte Laufzeit bleiben unbeglichen, während befristete Darlehen systematisch verlängert wurden.

Ein weiteres brisantes Detail ist die Nutzung des “Pensionssparschweins” (Fondo de Reserva de la Seguridad Social, FRSS). Der Rechnungshof bemerkte, dass, wann immer die Sozialversicherung über ausreichende finanzielle Kapazitäten verfügte, diese Mittel zur Realisierung der FRSS-Stiftungen verwendet wurden. Dieser Reservefonds umfasste einst 67.000 Millionen Euro, bevor die PP-Regierung begann, ihn zu leeren, um die außergewöhnlichen Rentenzahlungen zu bewältigen. Mittlerweile hat der Fonds dank der Einnahmen aus den jüngsten Erhöhungen der Sozialbeiträge, die zur Finanzierung der Babyboom-Makrogeneration dienen sollen, wieder die Marke von 10.000 Millionen Euro überschritten.

AIReF-Prüfung und politische Manöver

Die Regierung macht die Kredite für das negative Nettovermögen der Sozialversicherung verantwortlich und verteidigt weiterhin die direkten Transfers, die zwar Steuergelder von einer Verwaltung zur anderen verschieben, aber die Gesamtverschuldung nicht beeinflussen, da es sich um interne Finanzoperationen handelt. Dennoch war das Volumen dieser Transfers in den letzten Jahren so immens, dass sie mehr als 80 % des Anstiegs der Staatsverschuldung seit 2010 ausmachen. Dies unterstreicht den wachsenden Finanzierungsbedarf eines Systems, das zunehmend auf externe Mittel angewiesen ist.

Die Debatte wird durch die Einmischung der Regierung in die Überprüfung der Auswirkungen der jüngsten Rentenreform durch die Unabhängige Behörde für fiskalische Verantwortung (AIReF) weiter angeheizt. Anfang des Jahres verabschiedete die Regierung ein Dekret, das vorsah, dass AIReF diese steuerlichen Abweichungen als Einnahmen des Rentensystems betrachten sollte – ein buchhalterisches “Make-up-Manöver”, das die Einnahmeseite der Bilanz aufblähen sollte, aber auf Ablehnung in Brüssel stieß. Infolgedessen war das Ministerium für soziale Sicherheit gezwungen, diese Kriterien zu ändern, Überweisungen aus der Gleichung herauszunehmen und eine neue Bewertung von AIReF zu verlangen. Dies geschah, obwohl die Techniker der Aufsichtsbehörde in ihrer ursprünglichen Prüfung, die zu dem Schluss kam, dass keine neuen Anpassungen im System erforderlich waren, nicht alle Übertragungen berücksichtigt hatten.

Die Ministerin für soziale Sicherheit, Elma Saiz, verteidigte diese Woche auf dem Seminar der Internationalen Universität Menéndez Pelayo (UIMP) in Santander den Toledo-Pakt als “eines der großen politischen Abkommen der spanischen Demokratie”. Sie betonte dessen Wirksamkeit bei der Gewährleistung von Legitimität, Kohärenz und einer nachhaltigen Zukunft für das Rentensystem. Saiz nutzte die Gelegenheit auch, um die Einführung von INTegraSS anzukündigen, einem neuen Prognoseinstrument für langfristige Rentenausgaben, das als Simulator für zukünftige Reformen dienen soll.


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