Las Palmas, Spanien – Ein erschütternder Skandal wirft einen dunklen Schatten auf die humanitäre Arbeit auf den Kanarischen Inseln. Die kanarische NGO Quorum Social 77 steht im Zentrum schwerwiegender Ermittlungen wegen mutmaßlicher Misshandlungen, Drohungen und rassistischer Beleidigungen in ihren Einrichtungen für unbegleitete ausländische Minderjährige (MENAS). Während die Organisation monatlich mehr als fünf Millionen Euro durch die Vormundschaft für fast 2.000 Minderjährige generiert, wurden bereits zwei ihrer Zentren geschlossen und hochrangige Mitarbeiter festgenommen.
Missbrauchsvorwürfe erschüttern Vertrauen: Das Geschäft mit den MENAS
Quorum Social 77 verwaltet 1.925 Plätze für MENAS, was einem Drittel der insgesamt 5.484 von der Regierung der Kanarischen Inseln beaufsichtigten Minderjährigen entspricht. Mit einem täglichen Umsatz von 173.250 Euro – basierend auf einer Rate von 90 bis 94 Euro pro Kind und Tag – und somit rund 5,2 Millionen Euro monatlich, wenn die Einrichtungen voll ausgelastet sind, hat sich die NGO zu einem finanziellen Schwergewicht im Bereich der Jugendbetreuung entwickelt. Im Jahr 2024 erhielt das Unternehmen Aufträge im Wert von 6,97 Millionen Euro für den Betrieb von elf Zentren auf Gran Canaria und Teneriffa, darunter bekannte Namen wie Firgas, Fortaleza V und Salinetas.
Dieses mit öffentlichen Geldern finanzierte System ist seit der Reaktivierung der Atlantikroute und der damit verbundenen Zunahme der illegalen Einwanderung auf die Kanarischen Inseln im Jahr 2019 rasant gewachsen. Doch der massive Geldfluss steht nun im krassen Gegensatz zu den erschütternden Anschuldigungen.
Ermittlungen wegen Gewalt und Schließungen von Einrichtungen
Der Skandal nahm im Mai seinen Anfang, als die Generaldirektion für Kinderschutz der Staatsanwaltschaft Beschwerden von Minderjährigen aus dem Zentrum La Fortaleza I meldete. Die Vorwürfe, die von 45 maghrebinischen und subsaharischen Jugendlichen erhoben wurden, reichten von Misshandlungen und Drohungen bis hin zu rassistischen Beleidigungen. Ein Richter ordnete daraufhin die Schließung des Zentrums an und leitete Ermittlungen wegen Verbrechen wie Körperverletzung, Hassdelikten, Unterlassung der Pflicht zur Verhinderung von Verbrechen, Drohungen und Angriffen auf die moralische Integrität ein.
Erst am vergangenen Donnerstag wurde ein weiteres Zentrum, das Arinaga-Zentrum mit 148 Bewohnern, geschlossen und die dort untergebrachten Minderjährigen auf andere Einrichtungen auf Gran Canaria verteilt. Auch das Firgas-Zentrum wurde inspiziert. Polizeiquellen, die von LA GACETA konsultiert wurden, berichten, dass viele der von Quorum geführten Zentren Gewaltvorfälle systematisch verschleiern, um das eigene Image und die wertvollen Verträge zu schützen.
Festnahmen und weitreichende Konsequenzen
Die Ermittlungen führten bereits zu mehreren Festnahmen. Zwei Direktoren der NGO wurden am Donnerstag von der Polizei festgenommen und später unter Anklage freigelassen. Bereits im Mai waren neun Mitarbeiter von Santa Brígida verhaftet worden, nachdem Durchsuchungen die Vorwürfe bestätigt hatten. Die Schließungen betreffen vorerst etwa 200 der 1.925 von Quorum Social 77 verwalteten Plätze.
Die NGO, die 2009 als gemeinnützige Organisation gegründet wurde, war bereits vor der Migrationskrise aktiv und verwaltete Verträge, wie einen im Wert von 2,22 Millionen Euro im Jahr 2022 für Minderjährige mit Behinderungen. Doch ihre zunehmende Rolle bei der illegalen Einwanderung hat sie zu einem zentralen Akteur im spanischen Aufnahmesystem gemacht – eine Rolle, die nun unter genauer Beobachtung des Gerichts für Gewalt gegen Kinder von Las Palmas steht.
Abonniere unseren Newsletter