Die spanischen Haushalte greifen immer häufiger auf Konsumkredite zurück. Die Neuvergabe dieser Kredite, die oft für die Anschaffung von Haushaltsgeräten, Autos oder zur Finanzierung von Urlauben genutzt werden, ist im Vergleich zum Vorjahr um beeindruckende 22 % gestiegen. Der Gesamtbestand an ausstehenden Krediten hat ein Niveau erreicht, das zuletzt im Juni 2012, auf dem Höhepunkt der spanischen Finanzkrise, verzeichnet wurde. Dies wirft Fragen über die finanzielle Gesundheit der privaten Haushalte auf.
Der unaufhaltsame Anstieg der Konsumkredite in Zahlen
Aktuelle Daten der Bank von Spanien für Juni dieses Jahres zeichnen ein klares Bild: Die Finanzierung über Konsumkredite ist für Bankinstitute ein lukratives Schlüsselgeschäft. Allein im ersten Halbjahr stieg die Kreditvergabe um 17 %, was einem Volumen von 21.821 Millionen Euro entspricht. Mit diesen Zahlen beläuft sich der ausstehende Saldo der Konsumkredite auf massive 196.905 Millionen Euro. Das ist nicht nur ein Anstieg von 3,5 % gegenüber dem Vorjahr, sondern auch ein bemerkenswerter Sprung von 6,7 % allein gegenüber dem Vormonat Mai.
Um einen höheren Bestand an Verbraucherkrediten in den Büchern zu finden, muss man 13 Jahre zurückblicken, als dieses Segment 197.207 Millionen Euro umfasste. Besonders brisant: In diesen Zahlen sind die Monate Juli und August noch nicht einmal enthalten – traditionell die stärksten Monate für Konsumfinanzierungen, da viele Familien damit ihre Sommerferien bezahlen.
Die Kosten des Booms: Höhere Zinsen für höheres Risiko
Der Griff zum schnellen Geld hat jedoch seinen Preis. Da Banken bei der Vergabe von Konsumkrediten geringere Sicherheiten verlangen, gehen sie ein höheres Risiko ein. Dieses Risiko lassen sie sich von den Kunden durch deutlich höhere Zinssätze bezahlen, insbesondere im Vergleich zu Hypothekendarlehen. Derzeit liegt der durchschnittliche Zinssatz für eine Konsumfinanzierung in Spanien bei knapp unter 7 % und damit nahe am Durchschnitt der Europäischen Union.
Die Bank von Spanien warnt regelmäßig davor, dass diese Darlehen zu den teuersten im Produktportfolio der Banken gehören. Der durchschnittliche Zinssatz lag im Juni bei 6,86 % und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Juli 2022, kurz bevor die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung begann. Im europäischen Vergleich vergeben Banken diese Kredite zu einem Durchschnittszins von 7,4 %.
Wettbewerb und Warnungen: Die Rolle der Banken
Der Wettbewerb unter den Finanzinstituten um Kunden für Konsumkredite hat sich längst verschärft. Dies war eine direkte Reaktion auf die schrumpfenden Margen während der langen Phase der Negativzinsen. Der historische Höchststand der Zinsen für Konsumkredite von 10,8 % im November 2008, kurz vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise, scheint heute in weiter Ferne.
Trotz des verschärften Wettbewerbs bleibt die Obergrenze für solche Kredite in der Regel auf 75.000 Euro beschränkt. Die Mehrheit der vergebenen Kredite bewegt sich jedoch in deutlich kleineren Dimensionen – oft nur einige hundert oder wenige tausend Euro, um unvorhergesehene Ausgaben schnell zu decken.
Ausblick in die Zukunft: Was erwartet Spaniens Haushalte?
Experten gehen davon aus, dass der Trend zu mehr Konsumkrediten anhalten wird. Die renommierte Ratingagentur Morningstar DBRS prognostiziert ein “weiteres solides Jahr” für die spanischen Banken, getragen von einem robusten Kreditgeschäft. Dies deutet darauf hin, dass die Nachfrage nach Finanzierungen hoch bleiben wird, während die Haushalte weiterhin mit wirtschaftlichen Unsicherheiten konfrontiert sind.
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