Gibt es in Katalonien wirklich mehr Moscheen als Kirchen?

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Gibt es in Katalonien wirklich mehr Moscheen als Kirchen?
ID 18166691 | Moschee © Achim Baqué | Dreamstime.com

Die Behauptung, es gäbe in Katalonien mehr Moscheen als Kirchen, kursiert in sozialen Medien und wird von islamfeindlichen Narrativen verbreitet. Eine genaue Überprüfung der Faktenlage zeigt jedoch ein anderes Bild. Die offiziellen Zahlen der katalanischen Regierung widerlegen diese These eindeutig und bieten einen Einblick in die religiöse Landschaft der Region.

Die Religionen in Katalonien: Ein Blick auf die offiziellen Zahlen

Die katalanische Regierung führt eine offizielle Religionskarte, die eine genaue Übersicht über die Gotteshäuser in der Region bietet. Mit Stand 2024 sind demnach 7.260 religiöse Zentren in ganz Katalonien registriert. Von diesen sind 5.665 katholische Kirchen, was einem beeindruckenden Anteil von 78 Prozent entspricht. Zwar ist die Zahl der katholischen Gotteshäuser aufgrund demografischer Entwicklungen rückläufig, die Dominanz der katholischen Kirche bleibt jedoch unbestritten. An zweiter Stelle folgen die evangelischen und protestantischen Kirchen mit 889 Gotteshäusern, die im Vergleich zu anderen Konfessionen den größten Zuwachs verzeichnen.

Der Islam belegt mit 326 religiösen Zentren, die Moscheen einschließen, den dritten Platz. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass die Behauptung in den sozialen Medien, es gäbe mehr Moscheen als Kirchen in Katalonien, eine Falschmeldung ist. Vielmehr handelt es sich um eine gezielte Verbreitung von islamfeindlichen Narrativen, die in sozialen Medien immer wieder zu finden sind.

Der Fall “Salt”: Lokale Gegebenheiten und missinterpretierte Fakten

Die spanische Politikerin Júlia Calvet von der rechtspopulistischen Partei Vox griff die Thematik auf und behauptete, in einigen katalanischen Gemeinden gäbe es mehr Moscheen als Kirchen. Als Beispiel nannte sie die Gemeinde Salt in der Provinz Girona. Die Überprüfung der Regierungszahlen zeigt, dass es in Salt zwar mehr Moscheen als katholische Kirchen gibt, jedoch ist die Anzahl der Kirchen aller Konfessionen in Summe weiterhin höher. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Fakten selektiv genutzt und falsch dargestellt werden können, um eine bestimmte politische Agenda zu unterstützen.

Sprachkurse statt “Islamunterricht”: Was steckt hinter den 120 Schulen?

Ein weiterer Bestandteil der Falschmeldungen ist die Behauptung, an 120 katalanischen Schulen würde “der Islam gelehrt”. Auch hier lohnt sich ein Blick auf die Fakten: Es handelt sich um ein Programm, das auf einem Abkommen zwischen Spanien und Marokko basiert. Ziel ist es, marokkanischen und nicht-marokkanischen Schülern die arabische Sprache und marokkanische Kultur zu vermitteln. Das Programm wird von der marokkanischen Botschaft und dem spanischen Bildungsministerium koordiniert. Es dient der Bewahrung der Identität marokkanischer Schüler, fördert aber gleichzeitig die Integration und Toleranz gegenüber der spanischen Kultur.

Die spanische Nachrichtenagentur Europa Press berichtete unter Berufung auf offizielle Angaben, dass 120 öffentliche Schulen in Katalonien das Programm im Schuljahr 2024/2025 anbieten. Die Behauptung, es handle sich um einen “Islam”-Kurs, ist somit eine bewusste Falschinterpretation der Tatsachen.

Die Situation in Spanien: Ein ähnliches Bild

Ein Blick auf die religiöse Landschaft in ganz Spanien bestätigt das Bild aus Katalonien. Die Beobachtungsstelle für religiösen Pluralismus in Spanien veröffentlichte im Oktober 2024 eine Studie, die die Gesamtzahl der Gotteshäuser in Spanien auf 30.949 beziffert. Davon sind 22.933 katholische Kirchen (74 %), 4.455 evangelische Kirchen und 1.839 muslimische Gebetszentren. Katalonien hat die meisten Gotteshäuser im Land, gefolgt von Andalusien und Madrid.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behauptungen über die Anzahl der Moscheen und Kirchen in Katalonien sowie über den vermeintlichen “Islamunterricht” in Schulen auf Desinformation basieren. Offizielle Daten und Fakten widerlegen diese Narrative und zeigen, wie wichtig eine kritische Auseinandersetzung mit Inhalten in sozialen Medien ist.


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