Es klingt widersprüchlich und ist es auch: Obwohl Andalusien erst im März Rekordmengen an Regen verzeichnete und die großen Wasserspeicher so gut gefüllt sind wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr, mussten Anfang Juni bereits die ersten Gemeinden im Hinterland der Costa del Sol das Trinkwasser rationieren. Betroffen sind die Orte Humilladero, Alameda, Fuente de Piedra und Mollina, was rund 20.000 Einwohner sowie kleinere Agrarbetriebe und historische “cortijos” einschließt, die oft keine Privilegien genießen.
Das Szenario der Restriktionen für die Verwendung von Leitungswasser, das in den Jahren 2023 und 2024 weite Teile der Costa del Sol und des Hinterlandes von Málaga, Córdoba, Sevilla, Granada und Almería betraf, kehrt für die Bürger dieser Orte, rund 60 Kilometer nördlich von Málaga, zurück. Insbesondere in der Axarquía, rund um Torrox, Rincón de la Victoria und Vélez-Málaga, wurde das Trinkwasser bis ins Frühjahr 2025 nachts und bis zu 12 Stunden täglich abgestellt. Ausgenommen waren stets Hotels und andere touristische Betriebe. Während 2024 sogar Pläne für den Import von Trinkwasser per Tankern geschmiedet wurden, sollen 2025 an der Costa del Sol die Strand- und Fußduschen wieder in Betrieb genommen werden – ein wahrer Luxus.
Erste Orte in der Provinz Málaga gehen das Wasser aus
Im Juni 2025 verfügt die Provinz Málaga über dreimal so viel Trinkwasserreserven wie vor einem Jahr. Die Stauseen sind im Schnitt zu 61,4 Prozent gefüllt, jene der benachbarten Provinzen Cádiz zu 56 Prozent und in Sevilla sogar zu 87,2 Prozent (wobei hier auch der mächtige Fluss Guadalquivir als Trinkwasserquelle dient). Dennoch gelten seit dem 1. Juni 2025 in Humilladero, Alameda, Fuente de Piedra und Mollina bis auf Weiteres strikte Verbote: Das Befüllen von Swimmingpools, die Bewässerung privater Gärten, das Abspritzen von Fassaden oder Straßen, das Waschen von Autos oder jede andere nicht unbedingt notwendige Nutzung von Leitungswasser ist untersagt. Im Zweifelsfall ist die Genehmigung der Rathäuser einzuholen, Verstöße können mit Geldbußen von bis zu 3.000 Euro und sogar Strafverfahren geahndet werden.
Das „Gespenst“ Dürre geht um: Wieso gibt es kein Wasser?
Die vier betroffenen Orte – Humilladero, Alameda, Fuente de Piedra und Mollina – liegen alle im Landkreis Antequera. Ihre Trinkwassernetze speisen sich fast ausschließlich aus einem Netzwerk kleinerer Brunnen, die von Grundwasser und kleinen Bachläufen gespeist werden. Diese führen jedoch nur unmittelbar bei und nach Regenfällen Wasser. Keiner der Orte ist an einen Stausee angeschlossen, obwohl der Embalse de Guadalhorce (bekannt durch den Caminito del Rey) weniger als 20 Kilometer entfernt liegt und über Bobadilla sogar ans Netz angeschlossen werden könnte. Die Kreisstadt Antequera, 50 Kilometer nördlich von Málaga Stadt, hat indes kein Wasserproblem, da die gigantischen Höhlenspeicher am Torcal-Gebirge und den Quellen des Río La Villa prall gefüllt sind.
Antequera verweigert Vernetzung mit Nachbargemeinden
Das Dilemma wird durch die Weigerung Antequeras verschärft, sich mit seinen umliegenden Nachbarn auf der Hochebene zu vernetzen. Die Angst, kostbares Nass abgeben zu müssen, scheint größer als die Solidarität. Als das nahe Casabermeja im letzten Sommer nur noch per Tankwagen versorgt werden konnte, obwohl eine einfache Leitung aus Antequera Abhilfe hätte schaffen können, zeigte der Bürgermeister von Antequera kein Verständnis – es sei nicht sein Problem. In Antequera regiert die PP, und für den „Puerto Seco“, einen gigantischen Logistikpark, wurden zwei direkte Wasserleitungen vom Torcal verlegt, ohne die Bürger zu fragen. Für Casabermeja, wo die Linke regiert, gab es keinen Tropfen. Besonders paradox erscheint die Trockenheit in Fuente de Piedra, das direkt an Andalusiens größter Lagune liegt – vier mal sechs Kilometer voller Salzwasser und Tausenden von Flamingos. Eine Entsalzung dieses Wassers lohnt sich nicht, da die Wasserstände zu unbeständig sind und die Lagune im Spätsommer turnusmäßig austrocknet. Eine solche Maßnahme würde zudem das wertvolle Vogelschutzgebiet zerstören.
Überleitung aus Stausee und „Wasserautobahn“ gefordert
Hydrologen bieten eine simple wie einleuchtende Erklärung für den Wassermangel in den Brunnen der vier Gemeinden: Die Trockenheit der vergangenen fünf Jahre in Andalusien war so lang und intensiv, dass sich der Grundwasserspiegel auch nach einem kompletten Monat Dauerregen nicht erholt hat. Das Wasser versickert einfach. Es bräuchte mehrere „sehr feuchte“ Jahre hintereinander, bis der Spiegel wieder so hoch stünde, dass die Gemeinden leicht an Wasser kämen. Dies wird kaum passieren, und der Wassermangel wird langfristig ein Dauerzustand bleiben, nicht nur aufgrund schlampiger Planung.
Experten empfehlen nun zunächst die Verbindung der jetzt trockenen Orte zum Stausee Iznájar, weisen aber darauf hin, dass mehr Nutzer auch weniger Wasser für alle bedeuten. Für die Überleitung von dort wäre die Landesregierung Andalusiens zuständig, eine Genehmigung für den Anschluss an den Stausee bräuchte es aber auch aus Madrid. Ein konkretes Projekt oder gar einen Termin gibt es dafür nicht. Vor diesem Hintergrund fordert die Olivenöl-Industrie Andalusiens eine „Wasserautobahn“, die von den von den Touristenmassen befüllten Aufbereitungsanlagen der Costa del Sol bis hinauf in die Oliven-Meere bei Antequera führen solle, um mit aufbereitetem Wasser die Produktion von Olivenöl zu garantieren. Der Kooperativ-Konzern DCOOP schätzt die Investition auf rund 700 Millionen Euro, wobei der Staat sich beteiligen solle. Ein Anschluss der jetzt wieder vom Trinkwasser isolierten Gemeinden ist dabei jedoch nicht die Rede.
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