Eine aktuelle Analyse des spanischen Innenministeriums zeichnet ein besorgniserregendes Bild der dschihadistischen Bedrohung im Jahr 2025. Bislang wurden 95 Personen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Terrorismus festgenommen. Besonders alarmierend: Fast ein Drittel dieser Verhaftungen erfolgte in Katalonien, und die Zahl der radikalisierten Minderjährigen steigt signifikant an.
Die aktuelle Lage: Operationen und Festnahmen im Überblick
In den ersten acht Monaten des Jahres führten die spanischen Sicherheitskräfte über fünfzig erfolgreiche Operationen durch, die zur Festnahme von 84 Personen auf spanischem Staatsgebiet und weiteren 11 im Ausland führten. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Verhafteten seit den verheerenden Anschlägen vom 11. März 2004 auf 1.357. Die geografische Verteilung der Einsätze erstreckt sich über zwölf autonome Gemeinschaften, von Andalusien bis Galicien, sowie die autonome Stadt Melilla. Die internationale Zusammenarbeit spielte dabei eine entscheidende Rolle, mit gemeinsamen Operationen in Ländern wie Ecuador, Portugal, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Belgien.
Sorge um die Jugend: Minderjährige im Visier der Extremisten
Ein besonders beunruhigender Trend ist die zunehmende Radikalisierung von Minderjährigen. Bis zum 24. August wurden acht Jugendliche festgenommen, darunter ein spanisches Mädchen in Cheste (Valencia) und drei Jungen in Fuensalida (Toledo). Experten im Kampf gegen den Terrorismus sehen einen klaren Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Die Lockdowns führten dazu, dass junge Menschen weitaus mehr Zeit online verbrachten und so leichter zur Zielscheibe dschihadistischer Propaganda wurden, die sich gezielt auf den von Jugendlichen genutzten sozialen Netzwerken ausbreitet.
Das Profil der radikalisierten Minderjährigen ist dabei nicht einheitlich. Es reicht von spanischen Konvertiten ohne familiären Einfluss über Jugendliche aus sozial schwachen Verhältnissen bis hin zu Heranwachsenden aus der oberen Mittelschicht. Ihnen allen gemein ist eine hohe digitale Kompetenz, die es ihnen ermöglicht, elterliche Kontrollen zu umgehen und tief in die extremistische Online-Welt einzutauchen.
Von der “Dschihad-Akademie” bis zu “Influencern” des Terrors
Die Kreativität der Rekrutierer kennt kaum Grenzen. So wurde im Mai in Madrid eine virtuelle Plattform zerschlagen, die als “Akademie des Dschihad” fungierte. Unter dem Deckmantel religiöser Unterweisung für muslimische Frauen betrieben zwei Schwestern im Alter von 19 und 21 Jahren terroristische Indoktrination.
Hinsichtlich der Nationalitäten der Verhafteten zeigt sich ein diverses Bild. Die meisten Festgenommenen sind spanische Staatsbürger, gefolgt von Marokkanern. Doch auch Syrer, Algerier, Pakistaner, Tadschiken, Libanesen sowie einzelne Personen aus der Ukraine, Palästina, Belgien und Portugal finden sich unter den Inhaftierten.
Besonders hervorzuheben sind zwei Großoperationen in diesem Jahr. Im Februar nahm die Guardia Civil elf Personen fest, die als “dschihadistische Influencer” galten. Sie nutzten Plattformen mit zehntausenden Followern, um unter dem Vorwand von Fitness- und Selbstverteidigungsvideos extremistische Ideologien zu verbreiten. Eine weitere Operation im März, durchgeführt von der Nationalpolizei und den Mossos d’Esquadra in Kooperation mit italienischen Behörden, zerschlug eine radikale pakistanische Organisation. Diese Gruppe, die bereits Anschlagsziele in Europa ins Auge gefasst hatte, rief über verschlüsselte Kanäle zu Mord und Enthauptung auf.
Die jüngsten Festnahmen erfolgten Mitte August in Vallfogona de Balaguer (Lleida), wo zwei marokkanische Männer im Alter von 24 und 26 Jahren verhaftet wurden. Einer von ihnen wurde als hochgradig radikalisiert eingestuft und befindet sich in Untersuchungshaft. Die Zahlen für 2025 übertreffen bereits jetzt die der beiden Vorjahre (90 Verhaftungen in 2023, 89 in 2024) und verdeutlichen einen klaren Anstieg der Bedrohungslage seit der Pandemie.
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