Der stille Tod des spanischen Bergbaus: Tausende Arbeitsplätze verschwinden

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Der stille Tod des spanischen Bergbaus: Tausende Arbeitsplätze verschwinden
Image by wirestock on Freepik

Ein dramatischer Aderlass erschüttert den spanischen Arbeitsmarkt: In nur dreizehn Jahren hat das Land über 80 Prozent seiner Kohlebergarbeiter verloren. Die neuesten Zahlen der Sozialversicherung zeichnen ein düsteres Bild: Lediglich 875 Personen sind offiziell noch in der Sonderregelung für den Kohlebergbau gemeldet. Dieser Rückgang um 84 Prozent im letzten Jahrzehnt ist das Resultat weitreichender politischer Entscheidungen, internationaler Umweltabkommen und Unternehmensstrategien, die laut Experten die wahre Arbeitsrealität in den Minen des Landes verschleiern.

Der offizielle Niedergang: Politische Entscheidungen und ihre Folgen

Der Hauptgrund für diesen massiven Einbruch ist das in Spanien geltende Verbot des großflächigen Kohleabbaus. Offiziell sind nur noch sehr spezifische Arbeiten mit Sondergenehmigungen erlaubt, wie etwa die technische Stilllegung alter Bergwerke oder die Exploration neuer Ressourcen wie Graphit. Doch die Praxis sieht anders aus. Branchenexperten prangern an, dass diese Genehmigungen oft als Deckmantel für einen fortgesetzten Abbau in größerem Stil genutzt werden – ein Problem, das durch mangelnde behördliche Überwachung verschärft und durch den tragischen Minenunfall in Cerredo jüngst ins Rampenlicht gerückt wurde.

Die Schattenwirtschaft im Bergbau: Wie Subunternehmer die Statistik verzerren

Die offiziellen Zahlen spiegeln die Realität unter Tage nur unzureichend wider. Armando Pereira, ein internationaler Berater für Bergbausicherheit, warnt, dass die wahre Anzahl der Minenarbeiter durch den massiven Einsatz von Subunternehmern verschleiert wird. „Unternehmen ziehen es vor, externe Firmen zu beauftragen, um die hohen Arbeitskosten und die vorteilhaften Bedingungen des Bergbauvertrags, insbesondere im Hinblick auf den Vorruhestand, zu umgehen“.

Dieses Vorgehen hat gravierende Folgen. Arbeiter, die de facto in den Minen tätig sind – LKW-Fahrer, Betonmischer, Vermessungsingenieure –, werden offiziell nicht als Bergleute geführt. „Das führt zu erheblichen Sicherheitsproblemen, da viele dieser Arbeiter nicht die spezialisierte Ausbildung eines Bergmanns erhalten haben“, fügt Pereira hinzu und kritisiert die mangelnde Kontrolle durch die zuständigen Behörden.

Ramón Hervás, ein weiterer Experte für Minensicherheit, bestätigt diese Einschätzung. Er weist darauf hin, dass viele der im Bergbau tätigen Unternehmen nicht zum speziellen Bergbauregime beitragen. „Wenn wir all die Arbeiter zusammenzählen, die innerhalb eines Betriebs Aufgaben ausführen, aber nicht im Bergbau gemeldet sind, wäre die tatsächliche Zahl leicht doppelt so hoch wie in der Statistik“, betont Hervás. Der offizielle Bergbaubericht des Ministeriums für den ökologischen Wandel aus dem Jahr 2023 listet zwar 30.239 Beschäftigte im gesamten Bergbausektor auf, doch diese Zahl umfasst alle Bereiche, von technischem Personal bis zu Hilfsunternehmen, und nicht nur den Kohleabbau.

Das spanische Kohle-Dilemma: Importe boomen trotz heimischem Aus

Das größte Paradoxon ist jedoch: Während der heimische Kohleabbau offiziell am Boden liegt, ist die Nachfrage nach dem fossilen Brennstoff ungebrochen. Branchenquellen schlagen Alarm, da die Importe ausländischer Kohle, insbesondere aus Ländern wie Südafrika, in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen sind. Diese Entwicklung ist besonders brisant, da in den Exportländern oft geringere Umwelt- und Arbeitsstandards herrschen. Spanien schließt also seine eigenen Minen, um gleichzeitig Kohle aus dem Ausland zu importieren und die damit verbundenen problematischen Bedingungen in Kauf zu nehmen. Die Verlagerung der Arbeit an Subunternehmer und der Boom der Zulieferindustrie verstärken diesen Trend, da Unternehmen die kostspieligen Sozialleistungen des Bergbauvertrags umgehen und stattdessen auf externe, nicht als Bergleute klassifizierte Arbeitskräfte setzen.


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