Die verheerende DANA-Katastrophe, die am 29. Oktober 2024 die Provinz Valencia heimsuchte und 228 Menschen das Leben kostete, hinterließ nicht nur Zerstörung, sondern auch eine akute Sorge vor der Ausbreitung von Infektionen. Monatelange Aufräumarbeiten, riesige Schlamm- und Wassermassen sowie der unermüdliche Einsatz von Freiwilligen – all dies schuf ein potenziell explosives Gemisch. Nun, acht Monate später, liegen erste alarmierende Ergebnisse von Untersuchungen vor, die am sogenannten Ground Zero der Katastrophe durchgeführt wurden.
Schockierende Entdeckungen: 30 Pathogene im Flutgebiet Valencias
Eine Studie der Universität Valencia (UV), veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift One Health, enthüllt besorgniserregende Details: In den ersten drei Wochen nach den verheerenden Überschwemmungen in Valencia wurden rund 30 Infektionserreger mit menschlicher Pathogenität in Wasser-, Schlamm- und Bodenproben aus den betroffenen Städten gefunden. Dies gaben die führenden Wissenschaftler, Professorin für Parasitologie der UV und WHO-Expertin Santiago Mas-Coma, Professorin für Parasitologie María Dolores Bargues und Professorin für Physiologie Consuelo Borrás, auf einer Pressekonferenz bekannt. Die Rektorin der akademischen Einrichtung, Mavi Mestre, betonte die Dringlichkeit der Situation.
Die Forscher hatten nicht mit einer derart hohen Anzahl von Erregern gerechnet. Mas-Coma hob hervor, dass seit der initialen Untersuchung sogar noch “viel mehr” entdeckt wurden. Alle nachgewiesenen Erreger sind pathogen für den Menschen, variieren jedoch in ihrer Übertragungsart und den verursachten Symptomen. Das Spektrum reicht von Viren und Bakterien bis hin zu parasitären Protozoen, opportunistischen freilebenden Amöben und Helminthen. Zudem wurden Vektoren wie Mücken, Sandmücken und Süßwassermollusken nachgewiesen, die verschiedene Infektionskrankheiten übertragen können.
Von Durchfall bis tödlich: Die Bandbreite der Gefahr
Der Schweregrad der Infektionen hängt von den einzelnen Erregern ab. Die Wissenschaftler warnen: “Einige können tödlich sein, andere gehen nicht über die Verursachung von Durchfall hinaus.” Entscheidend seien die spezifischen Stämme, deren Kombinationen und die daraus resultierende epidemiologische Situation.
Besonders hervorzuheben ist die hohe Rate an fäkaler Kontamination aus menschlichen und tierischen Quellen, darunter Schafe, Ziegen, Pferde, Hunde und Katzen, die als potenzielle Reservoire dienen. Das am häufigsten gefundene Pathogen in den ersten drei Wochen war das Bakterium Escherichia coli (EPEC, ETEC und EAEC), das in Wasser und Schlamm vorkommt und Durchfall sowie Erbrechen verursachen kann. Auch nach anderen Flutkatastrophen wurde dieses Bakterium bereits nachgewiesen.
Ein weiterer alarmierender Fund ist Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera. Mas-Coma beruhigte jedoch, dass die gefundenen Stämme “wild” zu sein scheinen und normalerweise “für den Menschen nicht sehr pathogen” sind. Dennoch besteht die Gefahr, dass sie sich verbinden und später eine höhere Pathogenität entwickeln könnten.
Mückenplage und Langzeitrisiken: Was erwartet Valencia?
Bemerkenswert ist auch die hohe Dichte an Mückenpopulationen. Trotz der kühleren Temperaturen im Oktober und November wurden in den ersten drei Wochen über 3.500 Mücken in nur vier Fallen gefangen. Die höchsten Konzentrationen an Infektionserregern wurden im Schlamm gefunden, nicht im Wasser. Mas-Coma führt dies auf die “sehr starken” Dürren der Vorjahre zurück, die bei den sintflutartigen Regenfällen “die Oberflächenschichten des Bodens und alle Organismen herausgerissen haben”.
Die Langzeitstudie wird mindestens drei Jahre dauern, da sich gezeigt hat, dass das größte Risiko für das Auftreten von Infektionsausbrüchen nach Wasserkatastrophen oft erst nach zwei oder drei Jahren besteht. Ziel ist es, ein Modell zu entwickeln, das eine schnelle Reaktion auf zukünftige Epidemien ermöglicht und die Diagnostik in Krankenhäusern sowie die Präventionsprotokolle verbessert.
Besondere Gefahr für ältere Menschen
Die Studie legt einen besonderen Fokus auf die Auswirkungen der Katastrophe auf ältere Menschen. Professorin Borrás betonte, dass das Altern die Fähigkeit des Körpers verringert, sich an verschiedene Belastungen wie Infektionserreger anzupassen. Ältere Menschen reagieren weniger auf diese Erreger und haben größere Schwierigkeiten, sich zu erholen. Zudem können sie “Symptome oder atypische Reaktionen auf diese Krankheitserreger erleiden”, was ihre Anfälligkeit noch erhöht.
Die Forschung, geleitet von der Abteilung für Gesundheitsparasitologie der UV, ist eine Kollaboration mit mehreren Forschungsgruppen und wird durch verschiedene nationale und europäische Förderprogramme unterstützt. Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, das Abwassernetz wiederherzustellen, um eine weitere Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern.
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