Armut trifft auf Glamour: Warum Kongo-Kinshasa den FC Barcelona sponsert und damit für Empörung sorgt

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Armut trifft auf Glamour: Warum Kongo-Kinshasa den FC Barcelona sponsert und damit für Empörung sorgt
Bild : KI

Ein Pakt, der Fragen aufwirft und weltweit für Diskussionen sorgt: Kongo-Kinshasa, eines der ärmsten Länder der Welt, sponsert den spanischen Fußballgiganten FC Barcelona. Für die nächsten vier Saisons fließen jeweils elf Millionen Euro aus dem zentralafrikanischen Staat in die Kassen des katalanischen Klubs. Dieser umstrittene Deal hat nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa eine Welle der Kritik ausgelöst und wirft ein grelles Licht auf die Verstrickungen von Politik, Sport und globaler Ungleichheit.

Die Hintergründe: Ein diplomatisches Spiel auf dem Trikotärmel

Die Entscheidung der kongolesischen Regierung ist Teil einer neuen, aggressiven PR-Offensive. Das Ziel: internationale Sichtbarkeit und diplomatisches Gewicht zu erlangen. Lange fühlte sich das Land auf der Weltbühne ignoriert, insbesondere im Hinblick auf den blutigen Bürgerkrieg im Osten des Landes. Dort führt die Milizenbewegung M23 einen brutalen Konflikt, der von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt ist. Kongo-Kinshasa wirft dem Nachbarland Ruanda vor, die Milizen logistisch und personell zu unterstützen, um sich an den reichhaltigen Bodenschätzen der Region zu bereichern.

Ein Versuch der kongolesischen Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner, beim Premier-League-Klub Arsenal – der prominent für Ruanda wirbt – Gehör zu finden, scheiterte kläglich. Sie erhielt nicht einmal eine Antwort. Diese diplomatische Abfuhr führte zu einem Strategiewechsel: Statt zu bitten, wird nun selbst investiert. Nach Deals mit der AS Monaco und der AC Milan ist der FC Barcelona der bisher prominenteste Partner. Auf den Rückseiten der Trainingshemden aller Profiabteilungen wird künftig der Schriftzug “RD Congo – Coeur de l’Afrique” zu sehen sein.

Ein umstrittener Deal in Katalonien und die finanzielle Zwangslage Barças

In Katalonien selbst hat der Deal nur für verhaltenes Aufsehen gesorgt. Der FC Barcelona, einst stolz auf sein unentgeltliches Sponsoring für UNICEF, hat sich längst von moralischen Höhenflügen verabschiedet. Mit einem Schuldenberg von über einer Milliarde Euro ist der Verein zu unkonventionellen Maßnahmen gezwungen, um finanziell überleben und neue Spieler registrieren zu können. Der bevorstehende Abgang von Abwehrchef Íñigo Martinez nach Saudi-Arabien und die jüngsten Unstimmigkeiten um den als Kapitän abgesetzten deutschen Torhüter Marc-André ter Stegen unterstreichen diese angespannte Lage.

Die Partnerschaft mit Kongo-Kinshasa reiht sich ein in eine lange Liste umstrittener Sponsoren im europäischen Spitzenfußball – von staatlichen Investoren aus Katar und Saudi-Arabien bis hin zur Waffenfabrik Rheinmetall bei Borussia Dortmund. Die moralische Kompassnadel scheint im modernen Fußballgeschäft kaum noch eine Rolle zu spielen.

Schwere Vorwürfe aus dem Kongo: “Unverantwortlich und moralisch inakzeptabel”

Während in Barcelona die Finanzabteilung aufatmet, ist die Empörung in Kongo-Kinshasa gewaltig. Über 70 Prozent der Bevölkerung leben in extremer Armut. Der immense Reichtum an Bodenschätzen kommt nur einer kleinen Elite zugute. Vor diesem Hintergrund nannte der Oppositionspolitiker und Unternehmer Moïse Katumbi den Sponsoring-Deal in einem offenen Brief an Präsident Félix Tshisekedi “unverantwortlich und moralisch inakzeptabel”.

Katumbi, selbst Präsident des erfolgreichen afrikanischen Fußballklubs Tout Puissant Mazembe, brachte die Wut auf den Punkt: “Während Sie den Namen Kongos auf europäische Trikots flocken, sterben unsere Kinder vor Hunger, verteidigen unsere Soldaten das Land für weniger als fünf Dollar am Tag und verfallen unsere Schulen.” Proteste der Demokratiebewegung “Lucha” in der Hauptstadt Kinshasa wurden Berichten zufolge gewaltsam niedergeschlagen. Selbst aus Schweden, einem wichtigen Geberland für den Kongo, kam scharfe Kritik. Man stelle Gelder für Essenspakete und Impfungen bereit, nicht für Fußball-Sponsoring, hieß es aus Stockholm.

Zwischen Entwicklungshilfe und PR: Die Rechtfertigung des Deals

Die Regierung in Kinshasa und der FC Barcelona verteidigen ihre Zusammenarbeit und präsentieren sie auch als eine Form der Entwicklungshilfe. Barça plant, mit seiner renommierten Stiftung und seinem Akademieprogramm die sportliche Entwicklung kongolesischer Kinder “strukturiert und inklusiv” zu fördern. Ob diese Maßnahmen mehr als ein Feigenblatt für einen knallharten PR-Deal sind, wird die Zukunft zeigen.

Trotz aller Kritik könnte die Investition, so zynisch es klingen mag, einen unerwarteten Nutzen haben. Selten erhielt der Konflikt im Ostkongo so viel Aufmerksamkeit wie während des Afrika-Cups 2024, als die Nationalspieler mit einer Geste auf das Morden und Vertreiben aufmerksam machten. In einem Wettrüsten um globales Ansehen, bei dem Nachbar Ruanda mit der Ausrichtung der Rad-WM im September den nächsten Coup plant, zieht Kongo-Kinshasa nun mit der Strahlkraft des Weltfußballs nach.


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