Alarm in Asturien: Eine Welle der Wilderei bedroht Spaniens Braunbären

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Alarm in Asturien: Eine Welle der Wilderei bedroht Spaniens Braunbären
Bild: KI

In den kantabrischen Bergen herrscht höchste Alarmbereitschaft. Eine beispiellose Serie von Wilderei-Vorfällen erschüttert Asturien: Innerhalb nur eines Jahres, zwischen Juli 2024 und August 2025, wurden vier Braunbären (Ursus arctos) von Wilderern getötet. Diese dramatische Entwicklung deutet auf tiefe Risse im Zusammenleben zwischen Mensch und Tier hin und lässt Naturschützer um die Zukunft der gefährdeten Art fürchten. Die soziale Akzeptanz des Bären, einst ein gefeierter Erfolg des Artenschutzes, scheint zu bröckeln.

Ein beispielloser Anstieg der illegalen Tötungen

Die Fakten sind erschütternd: Drei der Bären starben qualvoll in illegal ausgelegten Schlingen, ein weiterer wurde am 2. August kaltblütig mit einer Schrotflinte neben einem Wohnhaus erschossen. Guillermo Palomero, Direktor der Stiftung Braunbär (FOP), schließt einen Zufall kategorisch aus. “Es sind zu viele, und es könnten noch mehr werden”, warnt er und verweist auf drei weitere ausstehende Autopsien. Roberto Hartasánchez, Präsident der Naturschutzorganisation Fapas, sieht hier ein Versagen der Politik: “Es scheint, dass die Wilderer ihre Angst verlieren, und das ist ein Zeichen dafür, dass das Naturschutzprogramm in der Koexistenz mit den Menschen aufgrund einer schlechten Herangehensweise gescheitert ist.”

Bröckelnde Akzeptanz: Die soziale Wahrnehmung im Wandel

Jahrzehntelang hat Spanien hart für die Rückkehr des Braunbären gekämpft. Die Population wuchs von nur 50 bis 80 Tieren in den 1990er Jahren auf heute rund 400 Exemplare an. Ein Erfolg, der nun auf dem Spiel steht. “Es hat viel gekostet, die gesellschaftliche Akzeptanz zu gewinnen, und man muss sie pflegen wie einen Schatz”, betont Palomero. Doch diese Unterstützung erodiert. Roberto Galán von der Firma Natura Somiedo bestätigt nach Interviews in den Dörfern des Kantabrischen Gebirges eine zunehmende Feindseligkeit, “die oft nicht auf objektiven Daten basiert, sondern auf ungeprüften Medieninformationen und Gerüchten.” In Regionen wie dem Naturpark von Somiedo, wo der Bärentourismus eine wichtige Einnahmequelle darstellt, ist die Stimmung zwar noch positiv, doch in anderen Gebieten wächst der Widerstand.

Daten belegen den wachsenden Konflikt

Offizielle Zahlen aus dem Fürstentum Asturien untermauern den Trend: Die durch Bären verursachten Schäden haben dramatisch zugenommen. Im Jahr 2024 gab es 544 gemeldete Angriffe auf Bienenstöcke, Vieh und Ernten – ein Anstieg von über 50 % im Vergleich zu 351 Fällen im Jahr 2020. Die Entschädigungszahlungen stiegen im selben Zeitraum von 168.697 Euro auf 328.084 Euro. Marcelino Marcos, Minister für ländliche Angelegenheiten, sieht zwar noch keinen generellen Akzeptanzverlust, betont aber die Notwendigkeit, “das Verhalten der Bären zu analysieren” und eine Balance zu wahren.

Stimmen aus der Landwirtschaft: Ruf nach Kontrolle wird lauter

Für die Landwirte ist die Situation zunehmend unhaltbar. Mercedes Cuadrado, Generalsekretärin der Bauerngewerkschaft COAG in Asturien, bezeichnet den Bären als “ein sehr wichtiges Problem” und fordert eine “Populationskontrolle, ähnlich wie beim Wolf.” Es gehe nicht darum, die Art auszurotten, sondern die extensive Viehzucht zu schützen, die für die Landschaftspflege unerlässlich sei. Auch der Imker Juan José Riesco, der täglich mit Bären lebt, ist überzeugt: “Es gibt einen Überschuss an Bären.” Er berichtet von Tieren direkt unter seinem Balkon und Schäden, für deren Ausgleich die Behörden oft Jahre brauchen.

Lösungsansätze und der Blick nach Europa

Die Polarisierung wird, so Hartasánchez von Fapas, durch die Politik befeuert, die Wildtiere wie den Wolf zum Instrument im politischen Kampf mache. Dabei gibt es Lösungsansätze. Der Viehzüchter Antonio Resti hat Flächen zur Verfügung gestellt, auf denen Obstbäume für die Bären gepflanzt wurden, um sie vom Vieh fernzuhalten – mit Erfolg. Auch das Ministerium für den ökologischen Wandel fördert die Pflanzung von Futterbäumen.

Der Vergleich mit Rumänien, das bei der EU eine Lockerung des Schutzstatus beantragt hat, hinkt jedoch. Dort leben schätzungsweise über 10.000 Bären, und zwischen 2004 und 2024 gab es 26 tödliche Angriffe auf Menschen. In Spanien hingegen zählte die FOP seit 1989 nur acht, nicht tödliche Zwischenfälle, die meist auf Schreckbegegnungen zurückzuführen waren. Die Gefahr für den Menschen ist hier ungleich geringer, doch die Angst und der Konflikt sind real und bedrohen eines der größten Naturschutzprojekte Spaniens.


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