Tausende Häuser an der Costa Blanca wurden während des Booms illegal gebaut, Käufer waren oftmals unwissende Ausländer. Mit der neuen MIT-Lizenz werden diese Häuser jetzt nachträglich legal und eine Infokampagne richtet sich gezielt an betroffene Ausländer.
Die valencianische Landesregierung rechnete noch bis vor kurzem mit 350.000 solcher Immobilien, mittlerweile schätzt sie die Zahl auf knapp 200.000, wie viele es wirklich sind, weiß momentan noch niemand.
„Zigtausende Eigentümer solcher illegalen Häuser sind Ausländer. Von denen haben 99,9 Prozent die Immobilien nicht selbst gebaut, sondern erst im Nachhinein gekauft – ohne zu wissen, dass das Haus illegal ist. Sie kauften in gutem Glauben und wurden zu Opfern“, sagt John Michael Kirby. Beispiele gibt es viele, von Einzelpersonen bis hin zu großen Bauskandalen wie dem in dem Dorf Llíber an der Costa Blanca mit 300 Geschädigten, vorwiegend Briten, die illegale Häuser auf nicht bebaubarem Grund kauften.
Der englische Bauingenieur Kirby hat nun eine klare Mission im Auftrag des valencianischen Bauministeriums: Den ausländischen Besitzern solcher Immobilien Lösungen aufzuzeigen, in einer Sprache, die sie verstehen, im wörtlichen wie im übertragenden Sinne. Sein Werkzeug: Die neue MIT-Lizenz, Minimización de Impacto Territorial, die Kirby und Valencias Bau-Generaldirektor Vicente García jetzt bei einer englischsprachigen Infoveranstaltung in L’Alfàs del Pi vorgestellt haben.
Denn mit der neuen MIT-Lizenz können solche Gebäude an der Costa Blanca nachträglich legalisiert werden. „Die Region Valencia stand jahrzehntelang für eine aggressive, undurchsichtige Baupolitik. Wir wollen zeigen, dass sich die Zeiten geändert haben, mit einer transparenten, demokratischen und nachhaltigen Baupolitik, die nah am Bürger ist. Für eine bessere Zukunft, in der so etwas nicht noch einmal passiert“, sagte García.
Die Landesregierung hat parallel zur MIT-Lizenz die Agentur AVPT, Agencia Valenciana de Protección del Territorio, ins Leben gerufen, die Anfang des Jahres ihre Arbeit aufnahm. „Sie ist so etwas wie die Baupolizei und schiebt illegalen Aktivitäten sofort einen Riegel vor. Die städtischen Bauämter haben meist überhaupt nicht die personellen Kapazitäten, um Bauarbeiten zu überwachen“, erklärt Kirby. Rathäuser können sich der Agentur noch freiwillig anschließen, damit die AVPT uneingeschränkt in der Gemeinde handeln kann.
„Die Liste der Probleme, die ein illegales Haus nach sich zieht, ist lang. Es wird keine Erstbezugslizenz (Licencia de primera ocupación) ausgestellt und es dürfen keine Renovierungs- oder Instandhaltungsarbeiten geschweige denn Erweiterungen durchgeführt werden. Entweder, man lässt das Haus also verkommen, oder man verstößt gegen das Gesetz, wenn man trotzdem Arbeiten durchführt“, zählt Kirby auf. Ohne Erstbezugslizenz besteht kein Anspruch auf Müllabfuhr, Wasser-, Strom- und Kanalisationsanschluss. „Und in vielen Rathäusern wird die Anmeldung bei der Gemeinde, Empadronamiento, verweigert. Auswanderer haben dadurch unter Umständen keinen gemeldeten Wohnsitz mehr“, zählt Kirby auf. All das löst die neue Lizenz, die seit dem Sommer beantragt werden kann.
Zuständig für die Ausstellung der MIT ist das Bauamt im jeweiligen Rathaus an der Costa Blanca. „Parallel zur Infokampagne für Bürger geben wir gerade auch Richtlinien an die Sachverständigen in den Bauämtern heraus“, erklärt Kirby. Voraussetzungen für die Erteilung der Lizenz sind, dass das Wohnhaus auf „suelo no urbanizable“ gebaut und der Bau vor dem 20. August 2014 fertiggestellt wurde. Wenn auf einem Hektar nicht bebaubarem Land weniger als zehn Wohnhäuser stehen, wird dazu ein individueller Antrag gestellt, sind mindestens zehn Immobilien pro Hektar betroffen, ein gemeinsamer. Für den individuellen Antrag muss ein Betroffener zunächst einmal eine Erklärung, DSI genannt, abgeben, und nach deren Genehmigung den eigentlichen Antrag, begleitet von einer Reihe Dokumenten, einreichen.
Die Mitarbeiter im Bauamt erstellen dann einen Bericht, die finale Entscheidung treffen die Stadträte im Plenum. „Die baulichen Anforderungen, die erfüllt werden müssen, damit die Lizenz erteilt wird, sind nach landesweiter Norm recht gering. Es soll ein agiler, schneller und einfacher Prozess für die Betroffenen sein“, sagt John Kirby.
Zumindest, um einen schnellen Ablauf zu gewährleisten, hat die Landesregierung aber noch ein Ass im Ärmel: Die sogenannten Ecuv, Entidad Colaboradora Urbanística de la Comunidad Valenciana. Dabei handelt es sich um private Unternehmen oder Einrichtungen, die die Erteilung urbanistischer Lizenzen wie die MIT gegen Bezahlung abwickeln dürfen.
„Die Licencia MIT bringt nur Vorteile. Die Eigentümer haben endlich vollen Anspruch auf alle Leistungen rund ums Haus und auf Genehmigungen für Bauarbeiten, zumal der Wert ihrer Immobilie natürlich mit der Legalisierung steigt. Und die Rathäuser können für legale Häuser die volle Grundsteuer IBI verlangen, für illegale jedoch nicht“, sagt Kirby.
John Kirby hat für Ausländer online einen Kanal eingerichtet, in dem er mit kurzen Videos alles Wissenswerte rund um die MIT-Lizenz, die Agentur AVPT und ähnliches erklärt. Die Videos sind auf Englisch und Spanisch, teilweise auch auf Deutsch abrufbar.
Bild: Copyright: erikkoole
Abonniere unseren Newsletter