Wenn Gäste zu Besetzern werden: Spaniens Hotels im Kampf gegen illegale Dauergäste

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Fast 1.400 Hotels stehen in Spanien zum Verkauf

Ein bezahlter Wochenaufenthalt in einer Ferienanlage an der sonnigen Küste Almerías – was wie der Beginn eines perfekten Urlaubs klingt, entpuppte sich für die Hoteldirektorin Esperanza Nieto als Auftakt zu einem Albtraum. „Sie baten vom ersten Moment an darum, dass die Wohnung nicht gereinigt wird. Kurz darauf verbarrikadierten sie die Fenster mit Zeitungspapier“, erinnert sich die ehemalige Leiterin des Touristenkomplexes Pueblo Laguna in Vera. Als der Abreisetag inmitten der Hochsaison kam, weigerte sich die Familie aus Madrid schlichtweg zu gehen. Ihr Vorwand: Die Wohnung entspräche nicht der Buchung, sie fühlten sich betrogen. Die Realität war jedoch eine andere: Sie wurden zu Besetzern.

Ein Albtraum in der Hochsaison: Der Fall Pueblo Laguna

Was folgte, ist ein Lehrstück über die Ohnmacht, die viele Hoteliers in Spanien empfinden. „Mein Anwalt erklärte mir, dass ich ein Gerichtsverfahren einleiten müsse, um sie legal räumen zu lassen“, so Nieto. Drei Wochen später war der Spuk vorbei. Die Familie verschwand in einer Nacht-und-Nebel-Aktion und hinterließ ein Schlachtfeld: herausgerissene Wasserhähne, versengte Vorhänge und eine Spur der Zerstörung. Die bittere Pointe: „Das Unternehmen entschied sich gegen eine Klage, weil die Prozesskosten die Reparaturen überstiegen hätten.“ Ein Pyrrhussieg für die Besetzer und ein finanzielles Desaster für das Hotel. Dieser Einzelfall ist nur die Spitze des Eisbergs. Während Großbesetzungen wie im ehemaligen Hotel Callao Sport auf Teneriffa oder im Cala Bona auf Mallorca mediale Aufmerksamkeit erregen, ist der stille Kampf gegen einzelne „Ferienbesetzer“ für viele Betriebe zur zermürbenden Normalität geworden.

Die 48-Stunden-Falle: Rechtliche Machtlosigkeit der Hoteliers

Pedro Revilla, ein auf solche Fälle spezialisierter Anwalt aus Teneriffa, erklärt die juristische Krux: „Die Besetzung einer Hotelimmobilie funktioniert rechtlich genauso wie die eines Privathauses. Erfolgt in den ersten 48 Stunden keine polizeiliche Intervention, verfestigt sich der Besitzanspruch des Gastes.“ Ab diesem Moment wird das Hotelzimmer rechtlich zu dessen „Zuhause“. Der Hotelier muss dann ein langwieriges und kostspieliges ziviles Räumungsverfahren einleiten. Erschwerend kommt die Überlastung der Gerichte in touristischen Hochburgen hinzu. „In Gerichtsbezirken wie Arona oder Granadilla auf Teneriffa verlangsamt der Mangel an Mitteln jedes Verfahren erheblich“, so Revilla. Für Hotels, die als „große Eigentümer“ gelten, wird es noch komplizierter: Sie müssen für jedes einzelne besetzte Zimmer ein eigenes Verfahren anstrengen – mit ungewissem Ausgang, da Räumungen gesetzlich oft ausgesetzt werden können.

Die Tricks der „Ferienbesetzer“: Von Zahlungsausfall bis Zerstörung

Die Methoden der Besetzer sind vielfältig. Ángeles Mengíbar, Direktorin des Hotel México an der Küste von Almeria, kennt die Maschen. „Früher war Barzahlung ein Problem, heute sind es Debitkarten ohne Guthaben oder Kreditkarten mit ausgereiztem Limit.“ Eine hinterlegte Karte bietet oft keine echte Sicherheit, da eine Kaution von beispielsweise 150 Euro weder eine Nacht in der Hochsaison noch größere Schäden abdeckt. Mengíbar berichtet von einem britischen Gast, der nach wenigen bezahlten Nächten einfach aufhörte zu zahlen und verschwand, als mit der Guardia Civil gedroht wurde. Die Schuld lag unter der Grenze für eine Diebstahlsanzeige – er ging straffrei aus. Selbst eigene Mitarbeiter können zum Problem werden, wie ein Fall aus diesem Juli zeigt: Ein Angestellter weigerte sich nach seiner Kündigung, sein Zimmer zu räumen. Nur durch das Verwehren des Zugangs konnte eine Verbarrikadierung und ein langwieriges Verfahren verhindert werden.

Wirtschaftlicher Schaden und politische Ignoranz

Die finanziellen Folgen für die Betriebe sind enorm. Neben den direkten Kosten für ausbleibende Zahlungen und Reparaturen kommen Umsatzeinbußen durch die erzwungene Stornierung von Folgebuchungen hinzu. Gleichzeitig steigt der Betriebsaufwand, wenn Gäste, die Kosten sparen wollen, die gesamte Zeit in der Anlage verbringen, mehr Wasser und Strom verbrauchen und die Küchen in einem desolaten Zustand hinterlassen. Diese Problematik vervielfacht sich bei einer Besetzung. Obwohl der Tourismus eine der tragenden Säulen der spanischen Wirtschaft ist, bleibt das Thema Hausbesetzung in der Politik ein Tabu. Die Leidtragenden sind die Unternehmen, deren Rentabilität und Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.

Ein seltener Sieg: Gerechtigkeit auf Ibiza

Dass es auch anders gehen kann, zeigt ein aktueller Fall aus Ibiza. Dort wurde ein 30-jähriger Mann senegalesischer Herkunft verhaftet, nachdem er in einem Luxushotel Schulden in Höhe von 17.600 Euro angehäuft hatte. Nachdem seine Zahlungen von den Banken zurückgewiesen wurden, floh er. Er konnte jedoch in einem anderen Hotel aufgespürt und festgenommen werden. Solche Erfolgsmeldungen sind für die geschädigte Branche ein Hoffnungsschimmer, doch sie bleiben die Ausnahme. Die Realität für viele Hoteliers ist ein täglicher Kampf gegen eine rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheit, die an den Grundfesten ihres Geschäftsmodells rüttelt.


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