Teneriffas Schattenseite: Mafia-Hotel wird zur Falle für Verzweifelte – 3.000 Euro für ein illegales Zuhause

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Teneriffas Schattenseite: Mafia-Hotel wird zur Falle für Verzweifelte – 3.000 Euro für ein illegales Zuhause

Inmitten der sonnenverwöhnten und touristisch pulsierenden Südküste Teneriffas, wo Millionen von Urlaubern jährlich ihr Paradies suchen, verbirgt sich eine düstere Realität. Das einst prächtige Vier-Sterne-Resort “Grand Hotel Callao”, seit Oktober 2020 geschlossen, ist zum Schauplatz einer Wohnungskrise geworden, die ihresgleichen sucht. Hier, in einem von der Mafia kontrollierten Gebäudekomplex, leben schätzungsweise über 300 Erwachsene und 18 Kinder unter menschenunwürdigen Bedingungen – gezwungen, horrende Summen für ein illegales Dach über dem Kopf zu zahlen.

Eine Invasion im Morgengrauen: Wie das Hotel zur Festung der Besetzer wurde

Am 17. Februar übernahmen vier Männer in einer minutiös geplanten Aktion das riesige Gelände des Hotels. Sie sprengten Überwachungskameras und Sicherheitseinrichtungen, um sich Zutritt zu verschaffen. Margarita Domínguez, die Verwalterin der Eigentümerfamilie, berichtet von zunächst vier, dann schnell zwölf Personen, die von der Guardia Civil angetroffen wurden. Innerhalb von nur drei Tagen wuchs die Zahl der Besetzer auf über 50 an. Heute ist das einst so luxuriöse Resort eine Mülldeponie: vertrocknete Palmen, ein verdrecktes Schwimmbad, fehlende Lampen, und überall Spuren menschlicher Verzweiflung. Ein Brandanschlag Mitte Juli, ausgelöst durch eine Schlägerei, bei dem zwei Menschen verletzt wurden, unterstreicht die dramatische und gefährliche Situation vor Ort.

Die bittere Ironie des “Paradieses”: Gerichtsentscheidungen und die Ohnmacht der Behörden

Das traurige Überbleibsel des früheren Glanzes ist ein vergilbter Prospekt: “Das Paradies existiert. Eine Welt voller Möglichkeiten.” Eine zynische Botschaft für die Menschen, die hier unfreiwillig gestrandet sind. Trotz zweier Klagen der Eigentümerfamilie auf Räumung entschied ein Gericht, dass die Entfernung der Bewohner eine “unverhältnismäßige” Maßnahme sei. Ein weiteres Gericht bestätigte dieses Urteil. Die Eigentümer sehen sich mit monatlichen Kosten von 30.000 Euro für Steuern, Strom und Hypothek konfrontiert, ohne die Möglichkeit, ihr unzugängliches Hotel zu verkaufen.

Der Stadtrat von Adeje steht vor einem unlösbaren Problem: Sollte ein Richter die Räumung anordnen, gäbe es schlichtweg keine Unterbringungsmöglichkeiten für die Hunderten von Menschen. Angesichts explodierender Mietpreise, einer wachsenden Bevölkerung und zunehmender Armut auf der Insel, räumen die lokalen Behörden ihre mangelnden Ressourcen ein.

Ein Zuhause zum Wuchertarif: Die Mafia profitiert von der Not

Die Bewohner des “Grand Hotel Callao” – Menschen wie Carlos, Valentina, Teresa oder Federica – sind keine Touristen, sondern diejenigen, die die Inselwirtschaft am Laufen halten, die “Unsichtbaren”. Sie sind die Opfer eines skrupellosen Systems: Alle, die hier leben, haben einen hohen Preis an eine Mafia gezahlt, die ihre Verzweiflung ausnutzt. Preise von 1.000 Euro bis zu 2.800 Euro wurden für ein Zimmer bezahlt “gekauft”. Es gibt keine Mietverträge, keine rechtlichen Grundlagen – nur den Schlüssel als Besitznachweis und die Gewissheit, dass man von einem Tag auf den anderen wieder auf der Straße stehen könnte.

Carlos, dessen Name, wie viele andere, geändert wurde, erzählt von der chaotischen “Übergabe” seines Zimmers um 3 Uhr morgens, bei der der Verkäufer, ein betrunkener Mann, der sich selbst als Besitzer mehrerer Zimmer ausgab, gewalttätig wurde. Die Not dieser Menschen ist so groß, dass sie die immensen Risiken in Kauf nehmen. Sie haben keine Papiere, keine Arbeitsverträge, keine Garantien – und finden auf dem regulären Wohnungsmarkt keine Chance.

Ein Leben am Rande der Gesellschaft: Hoffnung und Verzweiflung im Hotel-Ghetto

Im Hotel haben die Bewohner notdürftig ein Leben eingerichtet: Elektroherde, Kühlschränke, improvisierte Wäscheleinen. Doch die ständige Bedrohung und die Präsenz von zwielichtigen Gestalten, Drogenhandel und Gewalt sind allgegenwärtig. Die Guardia Civil ist fast täglich vor Ort, doch die Beschwerden der wenigen Anwohner über Lärm und Müll sind gering im Vergleich zur Tragweite der Situation.

Die Geschichte des “Grand Hotel Callao” ist ein Mahnmal für die dunkle Kehrseite des Massentourismus auf Teneriffa. Es zeigt auf erschreckende Weise, wie Menschen in ihrer Not von kriminellen Strukturen ausgebeutet werden und wie die soziale Infrastruktur einer touristischen Hochburg an ihre Grenzen stößt. Solange keine tragfähigen Lösungen für die Wohnungskrise gefunden werden, bleibt das “Grand Hotel Callao” ein trauriges Symbol für die Unsichtbaren, die am Rande der Gesellschaft um ihr Überleben kämpfen.


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