Die spanischen Autonomen Gemeinschaften und ihre undurchsichtigen “Strandbars” – ein System, das die Tür für politische Begünstigungen und Missbrauch öffentlicher Gelder weit öffnet.
Spanien steht erneut im Fokus einer Debatte um die Effizienz und Transparenz seiner öffentlichen Verwaltung. Ein aktueller Bericht der UCO (Zentrale Operative Einheit) deckt auf, wie in über 1.772 “parallelen” oder “Geisterverwaltungen” innerhalb der Autonomen Gemeinschaften, aber auch im Staat und den Gemeinden, ein System der Vetternwirtschaft gedeihen konnte. Diese sogenannten “instrumentellen Einheiten” sind ursprünglich zur Steigerung der betrieblichen Effizienz gedacht, entpuppen sich jedoch zunehmend als Einfallstor für die Platzierung von Parteianhängern und Verwandten.
Der Fall Faffe: Ein Lehrbuchbeispiel für Missbrauch
Ein besonders eklatanter Fall, der durch die UCO bestätigt wurde, betrifft die andalusische Stiftung für Ausbildung und Beschäftigung (Faffe). Diese 2003 gegründete öffentliche Einrichtung, eigentlich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Verbesserung der Arbeitnehmerausbildung ins Leben gerufen, wurde zu einer regelrechten Vermittlungsagentur für Parteifunktionäre. Der Bericht bestätigt die Beschwerde einer Beamtengewerkschaft über die Anstellung von 85 PSOE-Funktionären, darunter die Ehefrau von Juan Espadas, dem ehemaligen Generalsekretär der PSOE in Andalusien und heutigem sozialistischen Sprecher im Senat. Obwohl die Faffe bereits 2011 von der PSOE aufgelöst wurde, fanden die 1.664 Mitarbeiter ihre Anstellung in der andalusischen Arbeitsverwaltung, wo viele ihre Positionen dank eines Stabilisierungsprozesses festigen konnten. Dies wirft ernste Fragen zur Verantwortlichkeit und Kontrolle öffentlicher Gelder auf.
Ein Netz aus “Strandbars”: Spanische Verwaltung im Kreuzfeuer der Kritik
Der Skandal um die Faffe ist kein Einzelfall, sondern ein Symptom eines tieferliegenden Problems in der spanischen Verwaltungslandschaft. Neben den 1.772 Einheiten der Autonomen Gemeinschaften kommen noch 450 staatliche Einrichtungen (plus 43 weitere unangeschlossene) sowie fast 4.200 Kommunen und Provinzräte hinzu. Insgesamt existieren in den spanischen öffentlichen Verwaltungen fast 6.500 solcher Einrichtungen, die den Parteien als Plattformen dienen, um “ihre Legion von Steckern” zu platzieren. Diese Gremien, die sich einer geringeren Transparenz und Kontrolle unterwerfen müssen, sind besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu einem Zufluchtsort für Freunde, Verwandte und Günstlinge der politischen Führung geworden. Die Prinzipien der Gleichheit, des Verdienstes, der Kapazität und der Öffentlichkeit werden dabei oft missachtet, wie auch der Fall der Anwerbung von Freunden Ábalos’ durch staatliche Stellen zeigt.
Katalonien an der Spitze der “Schattenverwaltung”
Die Autonomen Gemeinschaften sind dabei besonders stark von diesem Phänomen betroffen. Laut dem Inventar des Finanzministeriums gibt es dort insgesamt:
- 539 Stiftungen
- 428 Handelsgesellschaften
- 319 Konsortien
- 166 öffentliche Einrichtungen
- Fast 160 Verwaltungs-, Handels- und autonome Einrichtungen
- Fünfzig öffentliche Unternehmen
- 40 Universitäten
- 33 “sonstige” gemeinnützige Einrichtungen
- 16 Agenturen
An der Spitze dieser undurchsichtigen Liste steht Katalonien mit 364 instrumentellen Einheiten – ein Anstieg von 12% seit 2008. Jede fünfte Körperschaft einer Autonomen Gemeinschaft gehört somit zu Katalonien. Mit 112 registrierten Mitgliedern und 98 Stiftungen, die 60% ihrer Einheiten ausmachen, sowie 64 Handelsgesellschaften und 55 öffentlichen Einrichtungen, ist Katalonien ein Paradebeispiel für die Ausbreitung dieser “parallelen Verwaltung”.
Andere Regionen weisen ebenfalls hohe Zahlen auf, wenn auch nicht im Ausmaß Kataloniens. Andalusien hat 181 solcher Einheiten, Baskenland 154, die Valencianische Gemeinschaft 135 und Madrid 123. Auch in Aragonien (fast 100) sowie auf den Balearen und Kanarischen Inseln (jeweils 74) ist das Problem virulent.
Vielfalt und Absurdität: Das “Kleingedruckte” der Liste
Die Liste der “instrumentellen Einheiten” offenbart eine erstaunliche Vielfalt und mitunter absurde Konstruktionen. Neben Stiftungen für Ausbildung und Beschäftigung finden sich:
- Katalonien: Wettbewerbsbehörde, Zentrum für Meinungsforschung, Institut für katalanische Literatur, Olympische Stiftung von Barcelona, katalanischer Exportförderer, Lotterien von Katalonien, oder sogar das Unternehmen Comercial La Forja zur Herstellung von Eisen- und Stahlprodukten.
- Andalusien: Olympische Stiftung, Symphonieorchester von Sevilla, Wissensagentur.
- Baskenland: Baskisches Institut für öffentliche Verwaltungen, Cybersecurity Agency, Internationalization Agency.
- Valencianische Gemeinschaft: Akademie der Sprachen, Climate Change Agency, Agentur für Eisenbahnsicherheit.
- Madrid: Agentur für die Vormundschaft für Erwachsene, Madrid Foundation for Excellence, zahlreiche städtebauliche Konsortien.
Diese Beispiele zeigen, wie weitreichend und oft ohne klare wirtschaftliche Rechtfertigung diese Strukturen geschaffen und unterhalten werden. Sogar Politiker wie Santiago Abascal (Vox) räumten ein, in inaktiven Einrichtungen angestellt gewesen zu sein. Seit 17 Jahren versucht die allgemeine staatliche Intervention, Ordnung in dieses Chaos zu bringen, doch der Prozess ist ins Stocken geraten. Die meisten Reduzierungen resultieren aus Integrationen, Fusionen oder Aufgliederungen in andere öffentliche Einrichtungen, nicht aber aus einer echten Verschlankung.
Es ist offensichtlich, dass die UCO und die allgemeine staatliche Intervention in diesem wichtigen öffentlichen Sektor der Autonomen Gemeinschaften weiterhin aktiv werden müssen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten und dem Missbrauch von Steuergeldern Einhalt zu gebieten.
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