Eine nette Geste, keine Pflicht: Leitfaden zur spanischen Trinkgeldkultur

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Leitfaden zur spanischen Trinkgeldkultur
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Wenn Sie es gewohnt sind, in Restaurants 20 % Trinkgeld zu geben und sich fragen, ob Sie dies auch in Spanien tun sollten, halten Sie sich zurück. In diesem sonnenverwöhnten Teil Südeuropas gilt Trinkgeld eher als höfliche Geste denn als soziale Verpflichtung.

Im Gegensatz zu den USA und einigen anderen Ländern ist das spanische Servicepersonal nicht auf Trinkgelder angewiesen, um ihre Miete zu bezahlen. Spanien folgt anderen Gepflogenheiten. Hier ist „la propina“ (das bedeutet „der Tipp“ auf Spanisch) vollkommen optional und oft bescheiden. Denken Sie an Kleingeld, nicht an hohe Beträge.

Eine nette Geste, keine Pflicht

Während einige Touristen annehmen, dass überall mit Trinkgeld gerechnet wird, bleibt die Atmosphäre in Spanien angenehm entspannt. Es gibt keine ungeschriebenen Regeln, keine Taschenrechner und schon gar keinen bösen Blick, wenn man das Restaurant verlässt, ohne etwas zu hinterlassen.

Das liegt daran, dass spanische Restaurantangestellte – wie die meisten anderen Mitarbeiter im Gastgewerbe in Europa – ein festes Grundgehalt beziehen. Auch wenn dieses relativ niedrig sein mag, wird nicht erwartet, dass die Gäste die Löhne des Restaurantpersonals aufbessern. Wenn Sie jedoch erstklassigen Service genossen haben, können Sie gerne eine Kleinigkeit hinterlassen. Spanier tun das sicherlich, aber das Trinkgeld folgt einer gewissen Etikette, die vom Ort und der Art des Essens abhängt. In budgetfreundlichen Gegenden sind in der Regel ein oder zwei Euro oder das Aufrunden der Rechnung ausreichend.

In gehobenen Restaurants gilt es als großzügig, ein Trinkgeld von 5-10 % zu geben. Höhere Beträge – bis zu 15 % – sind nur angebracht, wenn der Service Ihre Erwartungen übertroffen hat.

Von den Römern bis zum Barkeeper

Das Wort „propina“ hat seinen Ursprung im lateinischen „pro-ponare“, was „einen Drink anbieten“ bedeutet – was Sinn macht, wenn man bedenkt, dass alles in Tavernen und Gasthäusern begann. Im mittelalterlichen Spanien überreichten Reisende ein paar Münzen, um sicherzustellen, dass sie vom Wirt freundlich behandelt wurden.

Im Jahr 2025 hat sich diese Geste zwar gewandelt, doch sie bleibt bestehen – heute geht es mehr um Dankbarkeit als um das Schmeicheln des Personals.

Was das Gesetz sagt – und was nicht

Rechtlich gesehen gibt es in Spanien kein Gesetz zum Trinkgeld. Es existiert kein Regelwerk und keine verpflichtenden Gebühren. Einige Restaurants, insbesondere in touristischen Hotspots, fügen möglicherweise frech ein Trinkgeld auf der Rechnung hinzu – lassen Sie sich davon nicht täuschen. Sie sind nicht verpflichtet, einen Cent mehr zu zahlen, als Sie schulden, und kein traditioneller spanischer Ort würde dies erwarten.

Was das Personal betrifft, so werden Trinkgelder als Teil des zu versteuernden Einkommens betrachtet. Das bedeutet, dass sie diese beim Finanzamt angeben müssen – obwohl in der Realität oft nur das Kleingeld in den Büchern auftaucht, im Gegensatz zu anderen Ländern. Arbeitgeber können indes entscheiden, wie die Trinkgelder verteilt werden. Einige nutzen ein „bote“ (Trinkgeldglas), um die Wertschätzung im Team zu teilen.

Geben Spanier in Bars und Restaurants Trinkgeld?

Hören Sie nicht auf die Gerüchte. Spanier geben Trinkgeld, und sie tun dies großzügig, aber nur an den richtigen Stellen. Es ist kein Freifahrtschein für Mitarbeiter, auf das Geld der Gäste zuzugreifen. Der Standort kann zwar eine Rolle bei den Trinkgewohnheiten spielen, ebenso wie die Umgebung. Während Hotspots wie Madrid, Barcelona und die Costa del Sol aufgrund des Touristenstroms höhere Trinkgelder verzeichnen können, ist es ein Fehler anzunehmen, dass die Spanier generell nicht geben. Ganz im Gegenteil.

Einheimische geben in hochwertigen Restaurants oft großzügig Trinkgeld, insbesondere wenn der Service aufmerksam, das Essen außergewöhnlich oder die Gesellschaft besonders ist. Es geht nicht um Geografie – es geht um das Erlebnis. In zwanglosen Bars sieht man eher Kleingeld, während in feinerer Gastronomie richtige Trinkgelder üblich sind – egal, ob Sie in Marbella oder in einem kleinen Bergdorf in Aragonien sind. Was Spanier normalerweise vermeiden, ist, für ihr Bier oder ihr „Menu del Día“ (Menü des Tages) ein großzügiges Trinkgeld zu geben. Das ist vergleichbar mit dem Bezahlen in einer Kneipe oder Cafeteria.

Spanisches Trinkgeld im Vergleich zum Rest der Welt

Jetzt wird es interessant. Im Vergleich zu den USA, wo viele Kellner 15-20 % erwarten, um ein Lächeln zu erhalten, wirkt Spaniens Ansatz erfrischend.

In Frankreich ist oft „service compris“ auf der Rechnung – Gäste können jedoch immer noch etwas mehr geben. In Deutschland liegt der Trinkgeldsatz bei etwa 10 %, während Großbritannien eine ähnliche Regel von 10-15 % für gute Restaurants verfolgt. Wie in Spanien wird in Pubs oder ungezwungenen Umgebungen kein Trinkgeld erwartet.

Italien ist, wie üblich, ein enger Verwandter Spaniens, auch in der Trinkgeldkultur: gering, optional und eher auf guter Stimmung als auf Pflicht basierend. In den nordischen Ländern hingegen wird kaum Trinkgeld gegeben, da die Löhne für sich sprechen.

Was die Leute sagen

Laut Experten für spanische Knigge und dem Ministerium für Verbraucherangelegenheiten gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zum Trinkgeld – es bleibt eine persönliche Entscheidung.

Die spanische Öffentlichkeit scheint froh zu sein, dass dies so bleibt. Einige argumentieren, dass Trinkgeld als Belohnung für exzellenten Service optional bleiben sollte. Andere betrachten es als ein verwirrendes Überbleibsel eines überholten Systems und bevorzugen höhere Gehälter anstelle der Abhängigkeit von Almosen.

Sollten Sie also in Spanien Trinkgeld geben?

Wenn Sie Spanien besuchen und es richtig machen möchten, finden Sie hier einen klaren Leitfaden:

  • Cafés und Bars: Runden Sie auf oder lassen Sie die Münzen liegen, wenn Sie möchten. Das ist alles.
  • Zwanglose Restaurants: Ein paar Euro, wenn der Service gut war, sind willkommen, aber nicht erwartet.
  • Gehobene Küche: 5-10 % für soliden Service, bis zu 15 % für etwas ganz Besonderes.
  • Hotels: Portier und Housekeeping freuen sich vielleicht über ein paar Euro, besonders in noblen Lokalen. Wenn Sie Ihren Aufenthalt besonders gestalten möchten, können Sie dem Rezeptionsleiter zu Beginn Ihres Aufenthalts 20-50 Euro geben. So stellen Sie sicher, dass Sie gut versorgt sind. Dies ist jedoch ein Profi-Tipp und völlig optional – niemals erwartet.
  • Taxis: Trinkgeld ist nicht erforderlich, wird jedoch geschätzt, wenn Sie mit dem Service zufrieden sind.

Und denken Sie daran: Wenn jemand versucht, ein Trinkgeld zu erzwingen, haben Sie das gute Recht, Nein zu sagen. In Spanien ist Großzügigkeit optional und wird nicht erzwungen.


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