Die jüngste Ankündigung des Bürgermeisters von Sevilla, in Kürze Eintrittsgebühren (zunächst nur) für die Plaza de España zu erheben, um die Touristenströme zu lenken und das Gedränge in Gewinn umzuwandeln, könnte lediglich der Beginn einer weitreichenden Umerziehungskampagne für Besucher und Einheimische sein. Der Stadtchef José Luis Sanz, der „venezianische Zustände“ in Sevilla vermeiden will, greift zwar nicht zur Waffe, aber zum Schild. Zu vielen Schildern, die im farbenfrohen, überlaufenen und oft auch schön bepflanzten Zentrum Sevillas kaum Beachtung finden, deren comicartige Gestaltung jedoch künftig für Ordnung im touristischen Chaos sorgen soll.
Es ist ein Unterschied, ob einheimische Schönheiten in den schwingenden Schritten einer Sevillana über Straßen und Plätze gleiten oder ob klobige Gruppen von bestrumpften Deutschen, laute und wild gestikulierende Italiener oder von Flaggen geleitete, umherschwirrende Ostasiaten (um alle Klischees zu bedienen) die zeitlose Schönheit der andalusischen Hauptstadt verdecken, verstopfen oder sogar beschädigen. Venezianische Zustände herrschen in Sevilla schon seit geraumer Zeit, etwa im Umfeld der Kathedrale, im Viertel Santa Cruz, dem ehemaligen Judenviertel, natürlich vor den Toren der Alcázares, sogar im Palast und den Gärten selbst, am Ufer nahe dem Goldturm oder auf der Brücke Isabel II., die ins Kultviertel Triana führt und auf den Menüs vieler Restaurants zu finden ist.
Laut Rathaus werden in Sevilla weitere Schilder aufgestellt, auch in Triana und entlang des Ufers. Diese sollen das nachbarschaftliche Zusammenleben fördern, einen Verhaltenskodex darstellen und helfen, den Touristenstrom in stark frequentierten Bereichen effektiv zu steuern, erklärt Angie Moreno, die Tourismusbeauftragte des Bürgermeisters. Geführte Touristengruppen dürfen nicht mehr als 30 Personen umfassen. Fremdenführer dürfen keine tragbaren Dolby-Surround-Sound-Systeme mehr verwenden, die den Putz beschädigen, noch dürfen sie Audioguides über Kopfhörer ausgeben, die Touristen zu desorientierten Zombies machen. Ein Piktogramm weist zudem darauf hin, dass Straßenaufführungen verboten sind.
Die Sevillaner sind skeptisch, wenn es darum geht, ihnen das Singen, Tanzen und Plaudern zu verbieten. Denn neben den Hinweisen für Touristen hat die Stadt auch deutliche Botschaften für die Einheimischen platziert. Es wird gefordert, die Eingänge von Gebäuden freizuhalten, das historische Erbe zu schützen und insbesondere das allgemein verehrte Heiligtum der Spanier, die Siesta, zu respektieren. Auch sollen die Lieferzeiten in Fußgängerzonen beachtet und Papierkörbe sowie Müllcontainer gemäß den Trennungsvorschriften benutzt werden – was stark nach Agenda 2030 und einer umfassenden Kontrolle durch Brüssel klingt. Eine Gitarre, die von einem roten Verbotsschild umrahmt ist, stellt im Wesentlichen einen direkten Angriff auf die Kultur der Ureinwohner dar.
Julius Cäsar, muslimische Spaßverderber und die Heilige Inquisition in Triana haben es nicht geschafft, die Sevillaner zu unterwerfen. Brutus, der uneheliche Nachkomme aus Sevilla, ermordete den ersten; die zweiten wurden in die Wüste geschickt, und der Sitz der Inquisition wurde zu einer Markthalle umfunktioniert. Bei so viel subversiver Kraft, was können da ein paar Schilder bewirken, besonders wenn kein echter Strafenkatalog existiert, da sich in dem Durcheinander der Vorschriften zu viele Zuständigkeiten und Rechtsebenen überschneiden. Málaga, die Hauptstadt der aus dem Ruder gelaufenen Junggesellenabschiede, geht konkreter vor: kein T-Shirt in der Altstadt kostet 300 Euro, ein Gummi-Phallus über der Schulter 500 Euro. Das ist eine klare Botschaft. Dort ist sogar das Urinieren im Meer verboten, obwohl die Ortspolizei bei der Beweissicherung Schwierigkeiten hat und es daher selten zu Verurteilungen kommt.
Bild: RTVE/Ayuntamiento de Sevilla
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